Unterlassungsansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz - Impressumspflicht
OLG München
Urteil vom 11.09.2003
29 U 2681/03
Gründe
I. Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren
Wettbewerbs e.V., macht gegen die Beklagte Unterlassungsansprüche nach dem
Unterlassungsklagengesetz sowie wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche im
Zusammenhang mit einem Internetauftritt der Beklagten unter der Domain "ae....de"
geltend. Zum einen beanstandet die Klägerin die Anbieterkennzeichnung der
Beklagten in deren Internetauftritt als unzureichend. Zum anderen beanstandet
die Klägerin Werbeaussagen bezüglich der "G...Zeitung" als irreführend.
Außerdem macht die Klägerin einen Aufwendungsersatzanspruch (Zahlung von
175,06 € nebst Zinsen) im Zusammenhang mit der vorprozessual erfolgten
Abmahnung geltend.
Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 05.03.2003 antragsgemäß
verurteilt,
I. es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen:
1. in dem Internet-Portal www.ae....de Online-Bestellungen für Zeitschriften
und Bücher anzubieten, wenn hierbei die Angaben zu ihrem Namen, ihrer
Anschrift (Straßenadresse), ihren Vertretungsberechtigten, das
Handelsregister, in das die Beklagte eingetragen ist, und die entsprechende
Registernummer nur indirekt über den Link "Kontakt" und dort über
einen weiteren Link "Impressum" zur Verfügung gestellt werden,
2. im Zusammenhang mit der Bewerbung der Patientenzeitung "Die
G...Zeitung" wie folgt zu werben:
"Viele Patienten - Umfragen zu Folge sind es bis zu 80 Prozent - würden
die GZ gerne mit nach Hause nehmen, um sie intensiver lesen zu können."
und/oder
"Über 80 Prozent der Patienten würden die GZ gerne mit nach Hause
nehmen, um sie intensiver lesen zu können (Leserumfrage zur G...Zeitung in
der GZ 2/2002, 3.801 Einsendungen).
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 175,06 € nebst Zinsen
hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.09.2002
zu zahlen.
Auf dieses Urteil und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen
wird Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Diese macht
geltend, entgegen der Auffassung des Landgerichts liege kein Verstoß gegen § 6
TDG vor. Das Internet-Angebot sei insgesamt als Mediendienst zu qualifizieren,
wenn der redaktionelle Teil den Schwerpunkt des Internet-Angebots bilde. Das
Internet-Angebot der Beklagten sei die Online-Ausgabe der Printprodukte "Ä.
P." und "G...Zeitung"; lediglich als Beiwerk bestehe die Möglichkeit,
die "Ä. P." und die ÄP-Fachtitel auch online zu bestellen. Der
Schwerpunkt liege zweifelsfrei auf dem redaktionellen Teil. Mit der Auffassung,
die Anbieterkennzeichnung der Beklagten sei nicht unmittelbar erreichbar im
Sinne des § 6 TDG überspanne das Landgericht die gesetzlichen Vorgaben des §
6 TDG (und des § 10 MDStV), soweit es davon ausgehen, dass ein doppelter Link
zur Anbieterkennzeichnung diesen Vorgaben nicht genüge. Der Doppelklick von
"Kontakt" auf "Impressum" erfordere kein langes Suchen. Dafür,
dass ein doppelter Link grundsätzlich den Vorgaben des
Unmittelbarkeitserfordernisses genüge, sprächen auch die Internetauftritte
prominenter Unternehmen. Ergänzend könnten die Grundsätze zum Impressum im
Presserecht herangezogen werden. Auch sei der Link "Kontakt" entgegen
der Auffassung des Landgerichts nicht missverständlich. Insgesamt sei im
Internetbereich von einem mündigen Internetnutzer auszugehen; wer sich im
Internet bewege, kenne auch dessen Gesetzmäßigkeiten wie zum Beispiel die
Informationsbeschaffung per Link. Bei Berücksichtigung dieser Erwägungen hätte
ein Unterlassungsanspruch nach § 2 UKlaG verneint werden müssen. Zu Unrecht
habe das Landgericht die Werbeaussagen zur "G...Zeitung" betreffend
die durchgeführte Leserumfrage für irreführend gehalten. Schon die ursprüngliche
Werbeaussage sei nicht irreführend gewesen. Auch bei der modifizierten
Werbeaussage sei für die umworbene Ärzteschaft klar erkennbar gewesen, dass
eine Leserumfrage zur "G...Zeitung" stattgefunden habe, dass diese
Leserumfrage in der GZ 2/2002 durchgeführt worden sei, dass 3.801 Personen
daran teilgenommen hätten, dass von diesen 3.801 Einsendungen über 80 % der
Patienten die GZ gerne mit nach Hause nehmen würden, um sie intensiver lesen zu
können, und dass die befragten Leser allesamt Patienten gewesen seien. Entgegen
der Darstellung des Landgerichts verblieben keinerlei Unklarheiten über die
Bezugsgröße. Bei der Angabe 80 % könne es sich nur um 80 % der 3.801
Umfrage-Teilnehmer handeln.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 05.03.2003 -
AZ: 33 O 16105/02 - wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. In Übereinstimmung mit der
obergerichtlichen Rechtsprechung habe das Landgericht zutreffend erkannt, dass
jedenfalls dann gegen das wort- und inhaltsgleich sowohl in § 6 TDG als auch in
§ 10 MDStV enthaltene Unmittelbarkeitserfordernis verstoßen werde, wenn für
den Besucher der Homepage mehrere Schritte erforderlich seien, um zu den
Pflichtangaben zu gelangen. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe sei die
Angabe im "Impressum" einer durch den Link "Kontakt"
erreichbaren Seite keinesfalls klar und unmissverständlich, zumal die
Bezeichnung "Kontakt" zudem irreführend sei, da ein Großteil der
angesprochenen Besucher der Homepage diese Bezeichnung als bloßen "mailto-Link"
verstehe und folglich nicht davon ausgehe, dass dort die gesetzlich zwingend
vorgeschriebenen Pflichtangaben zur Anbieterkennzeichnung enthalten seien.
Bezeichnenderweise setze sich die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung auch
nicht mit den inhaltlichen Anforderungen des § 312c BGB i.V.m. § 1 BGB-InfoV
auseinander. § 6 TDG falle nunmehr direkt unter § 2 Abs. 2 Nr. 2 UKlaG. Die
Vorschriften zur Anbieterkennzeichnung seien dort explizit als
Verbrauscherschutzgesetz erwähnt. Zutreffend habe das Landgericht ferner
erkannt, dass die von der Beklagten zur Verkaufsförderung der Zeitschrift
"Die G...Zeitung" verwandte Reichweitenwerbung sowohl in ihrer ursprünglichen
als auch in ihrer überarbeiteten Fassung irreführend sei und daher gegen § 3
UWG verstoße.
Wegen des Parteivorbringens wird ergänzend auf die in der Berufungsinstanz
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Ferner wird auf das
Protokoll des Termins vom 11.09.2003 Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist begründet, soweit sich die
Beklagte gegen den Urteilsausspruch Nr. I. 1. des Urteils des Landgerichts vom
05.03.2003 (Anbieterkennzeichnung) wendet. Im Übrigen ist die Berufung der
Beklagten unbegründet.
1. Die Klägerin ist, wie das Landgericht unangefochten festgestellt hat,
nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UKlaG für Unterlassungsansprüche nach § 2 UKlaG
und nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG für Unterlassungsansprüche nach § 3 UWG
prozessführungsbefugt und aktivlegitimiert.
2. Der Klägerin steht der vom Landgericht unter Nr. I. 1. des
Urteilsausspruchs ausgeurteilte Unterlassungsanspruch weder nach § 2 Abs. 1,
Abs. 2 Nr. 2 UKlaG i.V.m. § 6 Satz 1 TDG, § 10 Abs. 2 Satz 1 MDStV noch nach
§ 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UKlaG i.V.m. § 312c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB i.V.m. §
1 Abs. 1 BGB-InfoV zu.
a) Bei § 6 TDG handelt es sich, wie das Landgericht zutreffend angenommen
hat, um ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne von § 2 UKlaG (vgl. Senat ZUM-RD
2002, 158, 159 f; Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 2 UKlaG, Rdn. 11, 13).
Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 UKlaG. Verbraucherschutzgesetze sind
danach u.a. die Vorschriften zur Umsetzung der Artikel 5, 10 und 11 der
Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 08.06.2000
über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft,
insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (Richtlinie
über den elektronischen Geschäftsverkehr, ABl. EG Nr. L 178, S. 1). Mit § 6
TDG wurde Art. 5 der genannten Richtlinie (Allgemeine Informationspflichten)
umgesetzt (vgl. BT-Drucks. 14/6098, S. 21). Auch bei der mit § 6 TDG
weitestgehend inhaltsgleichen Vorschrift des § 10 Abs. 2 MDStV handelt es sich
um ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne von § 2 UKlaG (vgl. Bayerischer
Landtag, Drucks. 14/8628, S. 15).
b) Im Hinblick auf die Übereinstimmungen zwischen § 6 TDG und § 10 Abs. 2
MDStV kann im Streitfall offen bleiben, ob es sich bei dem streitgegenständlichen
kommerziellen Internetangebot der Beklagten um geschäftsmäßige Teledienste (§
2 Abs. 1, Abs. 2 TDG) oder um geschäftsmäßige Mediendienste (§ 2 Abs. 1,
Abs. 2 MDStV, vgl. auch § 2 Abs. 4 Nr. 3 TDG) handelt (vgl. zur Abgrenzung
Brunner in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, Band 2, § 2 TDG,
Rdn. 2 ff, zur Einordnung von Mischangeboten aaO Rdn. 26 ff).
c) Die mit dem Unterlassungsantrag beanstandete Anbieterkennzeichnung im
Internetauftritt der Beklagten, die nach den Feststellungen des Landgerichts
(Urteil vom 05.03.2003, UA S. 3) über einen doppelten Link mittels
"Kontakt" und "Impressum" erreichbar ist, genügt den
Transparenzanforderungen gemäß § 6 Satz 1 TDG, § 10 Abs. 2 Satz 1 MDStV.
Nach § 6 Satz 1 TDG haben Diensteanbieter für geschäftsmäßige Teledienste
mindestens die nachstehend aufgeführten Informationen leicht erkennbar,
unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten; nach § 10 Abs. 2 Satz
1 MDStV gilt für geschäftsmäßige Mediendienste Entsprechendes. Die
Informationen nach § 6 TDG, § 10 Abs. 2 MDStV müssen an gut wahrnehmbarer
Stelle und ohne langes Suchen und jederzeit auffindbar sein (vgl. BT-Drucks.
14/6098, S. 21; vgl. auch Art. 5 der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr,
wonach der Diensteanbieter die betreffenden Informationen den Nutzern des
Dienstes "leicht, unmittelbar und ständig verfügbar" machen muss).
Das ist bei dem vom Landgericht festgestellten Sachverhalt der Fall. Die
Informationen zur Anbieterkennzeichnung sind im Streitfall aufgrund der
verwendeten Bezeichnungen "Kontakt" und "Impressum" leicht
erkennbar. Eine gesetzliche Vorgabe, unter welcher Bezeichnung die
Anbieterkennzeichnung erfolgen soll, besteht nicht (vgl. Woitke, NJW 2003, 871,
872). Bei dem Bereithalten von Tele- bzw. Mediendiensten haben sich im Verkehr
die Bezeichnungen "Kontakt" oder "Impressum" durchgesetzt,
um den Nutzer auf die Angaben zur Person des Anbieters hinzuweisen (vgl. OLG
Hamburg CR 2003, 283, 285; Kaestner/Tews, WRP 2002, 1011, 1016; Ott, WRP 2003,
945, 949; Hoß, CR 2003, 687, 689); dies wird durch die vom Beklagten mit
Schriftsatz vom 03.09.2003 vorgelegten Internetausdrucke prominenter
Internetanbieter (Anlagen BK 3 bis BK 19) belegt. Die Bezeichnungen
"Kontakt" und "Impressum" werden vom situationsadäquat
durchschnittlich aufmerksamen, informierten und verständigen Nutzer des
Internets (World Wide Web) als Hinweis auf die Informationen zur
Anbieterkennzeichnung gemäß § 6 Satz 1 TDG, § 10 Abs. 2 Satz 1 MDStV
verstanden (vgl. Hoß aaO 689). Dem steht nicht entgegen, dass mit
"Kontakt" mitunter auch ein mailto-Link bezeichnet wird (a.M. OLG
Karlsruhe WRP 2002, 849, 850 [zu § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB]; Ernst, GRUR 2003,
759, 760). Die Informationen zur Anbieterkennzeichnung sind im Streitfall
unbeschadet des doppelten Links auch unmittelbar erreichbar. Unmittelbare
Erreichbarkeit im Sinne von § 6 Satz 1 TDG, § 10 Abs. 2 Satz 1 MDStV ist im
Sinne einer Zugangsmöglichkeit ohne wesentliche Zwischenschritte zu verstehen
(vgl. OLG Hamburg aaO 285; Hoß aaO 689). Für die Auslegung von § 6 Satz 1
TDG, § 10 Abs. 2 Satz 1 MDStV können die Verhaltensregeln für den lauteren
elektronischen Handel der Internationalen Liga für Wettbewerbsrecht vom
30.09.2000 (abrufbar unter www.wettbewerbszentrale.de) einen Anhaltspunkt
liefern (vgl. Kaestner/Tews aaO 1016; Ott aaO 947). In diesen Regeln wird ausgeführt,
dass der Nutzer nicht mehr als zwei Schritte benötigen soll, um die
Identifizierungsinformation zu erhalten (Teil 3, Nr. I, unter "Zugänglichkeit").
Soweit das Erfordernis der unmittelbaren Erreichbarkeit dahin interpretiert
wird, dass der Weg zur Anbieterkennzeichnung auf einen Mausklick beschränkt
sein muss (so Woitke aaO 873), ist dies zu eng. Im Hinblick auf die Üblichkeit
der Verwendung von Links beim Angebot von Tele- bzw. Mediendiensten im Internet
und im Hinblick auf die Leichtigkeit, mit der Nutzer Links per Mausklick
nachgehen können, sind die Informationen zur Anbieterkennzeichnung auch bei
einer Fallkonstellation wie bei dem vom Landgericht festgestellten Sachverhalt
unmittelbar erreichbar, bei der zwei Mausklicks des Nutzers erforderlich sind,
um zu den betreffenden Informationen zu gelangen. Schließlich sind die
Informationen zur Anbieterkennzeichnung bei dem vom Landgericht festgestellten
Sachverhalt, wie außer Streit ist, auch ständig verfügbar. Die vorstehenden
Ausführungen stehen nicht im Widerspruch zum Urteil des Senats vom 07.03.2002 -
29 U 5688/01 = Pharma Recht 2002, 254-257. Nach diesem Urteil genügt bei einer
Online-Werbung per Internet für Arzneimittel gegenüber Fachkreisen die
Erreichbarkeit der Pflichtangaben durch einen Link den Anforderungen bezüglich
der Pflichtangaben gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 HWG jedenfalls dann nicht,
wenn für den Werbeadressaten mehrere Schritte erforderlich sind, um zu den
Pflichtangaben zu gelangen. Dieses Urteil beruht auf den Besonderheiten der
Regelungen im Heilmittelwerbegesetz.
d) Soweit der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß
Unterlassungsantrag Nr. I. a) auf § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UKlaG i.V.m. § 312c
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 BGB-InfoV gestützt wird, geht der
Antrag von vornherein zu weit. Denn die in § 1 Abs. 1 BGB-InfoV normierten
Informationspflichten beziehen sich zwar u.a. auf die Identität und die
ladungsfähige Anschrift des Unternehmers, nicht aber auf den
Vertretungsberechtigten einer juristischen Person, nicht auf das
Handelsregister, in dem der Unternehmer eingetragen ist, und auch nicht auf die
entsprechende Registernummer. Ferner beziehen sich die genannten
Informationspflichten nur auf Fernabsatzgeschäfte mit Verbrauchern, nicht auf
Fernabsatzgeschäfte mit Unternehmern (vgl. § 312b Abs. 1, § 13, § 14 BGB).
e) Auch soweit sich der Unterlassungsantrag - und ihm folgend der
Urteilsausspruch des Landgerichts - auf Angaben bezieht, die Gegenstand der
Informationspflichten gegenüber Verbrauchern gemäß § 312c Abs. 1 Satz 1 Nr.
1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 BGB-InfoV sind, steht der Klägerin der mit diesem
Unterlassungsantrag geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu, weil der
Internetauftritt der Beklagten den Anforderungen des Transparenzgebots gemäß
§ 312c Abs. 1 Satz 1 BGB genügt. Bei § 312c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 1
Abs. 1 BGB-InfoV handelt es sich allerdings, wie das Landgericht zu Recht
angenommen hat, ebenfalls um Verbraucherschutzgesetze im Sinne von § 2 Abs. 1,
Abs. 2 Nr. 2 UKlaG, nämlich um Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches für
Fernabsatzverträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher. Der
Internetauftritt der Beklagten zielt auf den Abschluss von Fernabsatzverträgen
im Sinne von § 312b Abs. 1 BGB auch mit Verbrauchern (§ 13 BGB) im Rahmen
eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebssystems, weshalb die Beklagte
bei der Gestaltung ihres Internetauftritts, soweit sie sich an Verbraucher
wendet, den Anforderungen des Transparenzgebots gemäß § 312c Abs. 1 Satz 1
BGB genügen muss. Das Internetangebot der Beklagten wendet sich u.a. auch an
Verbraucher im Sinne von § 13 BGB, nämlich z.B. an Studenten (vgl. die Felder
"Studentenabo" im Anlagenkonvolut K 1) sowie u.a. an angestellte Ärzte
(vgl. die Felder "Niedergelassener Arzt: ja/nein" im Anlagenkonvolut K
1). Medizinstudenten, die sich nach Abschluss des Studiums als freiberuflich tätige
Ärzte niederlassen wollen, sind bis zum Beginn dieser Tätigkeit noch
Verbraucher (vgl. Palandt/Heinrichs aaO § 13 BGB, Rdn. 3 zum Stichwort
"Existenzgründer"). Für nicht selbständige Ärzte gilt
Entsprechendes (vgl. Palandt/Heinrichs aaO § 13 BGB, Rdn. 2). Die beanstandete
Anbieterkennzeichnung im Internetauftritt der Beklagten, die über einen
doppelten Link mittels "Kontakt" und "Impressum" erreichbar
ist, genügt den Anforderungen des Transparenzgebots gemäß § 312c Abs. 1 Satz
1 BGB. Der Unternehmer muss den Verbraucher insoweit klar und verständlich
informieren (§ 312c Abs. 1 Satz 1 BGB, mit dem Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie
97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.05.1977 über den
Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. EG Nr. L 144 S.
19) umgesetzt wird; danach müssen die betreffenden Informationen klar und verständlich
auf jedwede der verwendeten Fernkommunikationstechnik angepasste Weise erteilt
werden). Die Anforderungen dieses Transparenzgebots gehen nicht über das in §
6 Satz 1 TDG, § 10 Abs. 2 Satz 1 MDStV enthaltene Transparenzgebot hinaus. Auf
die vorstehenden Ausführungen zu den Tatbestandsmerkmalen "leicht
erkennbar", "unmittelbar erreichbar" und "ständig verfügbar"
wird Bezug genommen.
f) Soweit sich die Klägerin mit Schriftsatz vom 09.09.2003 erstmals auf den
Screen-Shot gemäß Anlage K 8 bezogen und geltend gemacht hat, dass drei
Arbeitsschritte erforderlich seien, um zur Anbieterkennzeichnung zu gelangen,
weil zusätzlich zum Anklicken der Links ein Durchscrollen der nach Aufruf des
ersten Links "Kontakt" erscheinenden Bildschirmseite erforderlich sei,
handelt es sich um eine wegen Sachdienlichkeit zulässige Klageänderung (§ 533
ZPO); das betreffende neue Vorbringen ist nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO
zuzulassen; es betrifft bezüglich des Scrollens einen Gesichtspunkt, der nach
der Auffassung des Landgerichts unerheblich war. Auch hiermit hat die Klägerin
indes keinen Erfolg. Die nunmehr geltend gemachte konkrete Verletzungshandlung,
die darin liegen soll, dass drei Schritte, nämlich zwei Mausklicks und ein
Scrollen, erforderlich sind, um zu den Informationen zur Anbieterkennzeichnung
zu gelangen, wird, wie im Termin vom 11.09.2003 erörtert und worauf die
Beklagte mit Schriftsatz vom 09.09.2003, Seite 2 hingewiesen hat, von dem von
der Klägerin weiterverfolgten Unterlassungsantrag Nr. I. a) verfehlt (vgl.
Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 51,
Rdn. 7, 18). Die Klägerin hat den Unterlassungsantrag, der auf einen doppelten
Link mittels "Kontakt" und "Impressum" abstellt, insoweit
nicht angepasst. Im Übrigen hat die Klägerin, worauf im Termin vom 11.09.2003
hingewiesen wurde, für ihre von der Beklagten bestrittene Behauptung, dass der
Besucher der Homepage der Beklagten nach Aufrufen des ersten Links
"Kontakt" die dann erscheinende Bildschirmseite vollständig
durchscrollen müsse, um zu der am untersten Ende enthaltenen weiteren Link
"Impressum" zu gelangen, keinen Beweis angeboten.
3. Keinen Erfolg hat die Berufung der Beklagten, soweit sie sich gegen den
Urteilsausspruch Nr. I. 2. des Urteils des Landgerichts vom 05.03.2003 (§ 3
UWG) wendet.
a) Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass die ursprüngliche
Werbeaussage "Viele Patienten - Umfragen zu Folge sind es bis zu 80 Prozent
- würden die GZ gerne mit nach Hause nehmen, um sie intensiver lesen zu können"
irreführend ist und gegen § 3 UWG verstößt. Eine mehrdeutige Angabe verstößt
schon dann gegen § 3 UWG, wenn sie von einem nicht unerheblichen Teil der
angesprochenen Verkehrskreise in einem Sinne verstanden wird, der den tatsächlichen
Verhältnissen nicht entspricht (vgl. BGH GRUR 1982, 563, 564 - Betonklinker;
BGH GRUR 1992, 66, 67 - Königl.-Bayerische Weisse; Baumbach/Hefermehl, UWG, 22.
Aufl., § 3 UWG, Rdn. 44). Ein Verstoß gegen § 3 UWG liegt insbesondere vor,
wenn der Werbeadressat nicht hinreichend darüber aufgeklärt wird, auf welche
Bezugsgröße sich eine zitierte Untersuchung bezieht (vgl. OLG Düsseldorf WRP
1977, 100, 101 f). Wie das Landgericht, auf dessen Ausführungen insoweit Bezug
genommen wird, zutreffend ausgeführt hat, bleibt bei der ursprünglichen
Werbeaussage unklar, worauf sich die Bezugsgröße 80 Prozent bezieht. Ein nicht
unerheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher (vgl. zum maßgeblichen
Verbraucherleitbild BGH GRUR 2002, 550, 552- Elternbriefe) wird die Werbeaussage
dahin verstehen, dass sich die 80 Prozent auf sämtliche Patienten bezieht, die
die G...Zeitung gelesen haben und mit der Umfrage konfrontiert wurden. Tatsächlich
beziehen sich die 80 Prozent indes nur auf diejenigen, die die Umfragekarten,
die der in Wartezimmern ausgelegten Ausgabe der G...Zeitung 2/2002 beilagen,
eingesandt haben, nicht auf diejenigen Leser der G...Zeitung, die die Zeitung
nebst Umfragekarte beiseite gelegt oder die Umfragekarte weggeworfen haben.
Zudem suggeriert der Plural "Umfragen", dass mehrere Umfragen
stattgefunden haben. Die vorstehenden Feststellungen zur Verkehrsauffassung kann
der Senat aus eigener Anschauung und Sachkunde treffen; der Einholung eines
Sachverständigengutachtens in Gestalt einer Umfrage bedarf es insoweit nicht.
b) Ebenfalls zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass auch die geänderte
Werbeaussage "Über 80 Prozent der Patienten würden die GZ gerne mit nach
Hause nehmen, um sie intensiver lesen zu können (Leserumfrage zur G...Zeitung
in der GZ 2/2002, 3.801 Einsendungen)" irreführend ist und gegen § 3 UWG
verstößt. Der Klammerzusatz klärt nicht hinreichend darüber auf, worauf sich
die Bezugsgröße von 80 Prozent bezieht und in welchem Verhältnis die
genannten Patienten, Leser und Einsender zueinander stehen. Es wird insbesondere
nicht mitgeteilt, wie viele Umfragekarten verteilt wurden bzw. wie hoch die Rücklaufquote
bei den Einsendungen war.
c) Die vorstehenden erörterten Verstöße gegen § 3 UWG sind unter Berücksichtigung
der Reichweite der Internetwerbung und des Irreführungspotentials auch
geeignet, den Wettbewerb auf dem einschlägigen Markt wesentlich zu beeinträchtigen
(§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG).
4. Keinen Erfolg hat die Berufung der Beklagten ferner, soweit sie sich gegen
den Urteilsausspruch Nr. II des Urteils des Landgerichts vom 05.03.2003
(Abmahnpauschale) wendet. Dass die Abmahnung nur teilweise berechtigt war, steht
der Geltendmachung der Pauschale nicht entgegen (vgl. BGH WRP 1999, 509, 512 -
Kaufpreis nur 1,- DM; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Vor § 13, Rdn. 194). Gegen
die Höhe der Pauschale hat die Beklagte keine Einwendungen erhoben.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1, Abs. 2 ZPO.
6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708
Nr. 11, § 711 ZPO.
7. Bezüglich des Unterlassungsantrags Nr. I. a) (Anbieterkennzeichnung) war
die Revision zuzulassen, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) erfordert; der
Senat weicht bezüglich der Auslegung des Transparenzgebots gemäß § 312c Abs.
1 Satz 1 BGB von dem Urteil des OLG Karlsruhe vom 27.03.2002 - 6 U 200/01 = WRP
2002, 849, 850 ab. Im Übrigen war die Revision nicht zuzulassen, weil die
Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und
auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen (vgl. dazu
BGH NJW 2003, 65).