Die Verfügungsklägerin
(im Folgenden: Klägerin) organisiert gewerblich Lottospielgemeinschaften. Die
Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) betreibt ein Internetportal. Seit
September 2001 bietet sie dort an, Lottospieltipps gegen Entgelt an eine
Lottospielgesellschaft weiterzuleiten. Dazu ist zunächst erforderlich, dass
sich der Internetbenutzer bei der Beklagten registrieren lässt. Hierzu muss er
im Schritt 1 seine persönlichen Angaben, im Schritt 2 einen Benutzernamen, im
Schritt 3 Sicherheitsangaben - z.B. ein Passwort - angeben, die er im Schritt 4
zusammengefasst bestätigen muss. Auf der entsprechenden Seite im Angebot der
Beklagten kann der Kunde dann online einen Lottoschein "ausfüllen".
Ist er registriert und eingeloggt, kann er durch Klick auf die Schaltfläche
"Abgeben!" zur Auswahl der Zahlungsmöglichkeiten gelangen. Hat er
dort zwischen Kreditkarte oder Lastschrift gewählt, kann er durch betätigen
der Schaltfläche "Schein abgeben" der Beklagten den Auftrag endgültig
erteilen. Der Wetteinsatz wird sodann zuzüglich einer der Beklagten zukommenden
"Handlinggebühr" auf dem gewählten Konto belastet. Alle Seiten im
Zusammenhang mit der Lottoannahme sind einheitlich so gestaltet, dass in einem
Rahmen links unter dem Menupunkt "Preise/AGB" der Unterpunkt
"AGB" ausgewählt werden kann. Die Betätigung von "AGB" führt
zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten in denen sie sich selbst
als "W.... AG (nachstehend ‚W...' genannt)" bezeichnet. Sämtliche
Seiten - auch die bei der Registrierung zu durchlaufenden - weisen IM
Navigationsmenü im Seitenkopf und in einer Zeile am Fuß der Seite die Links
"Suche - Themen - Dienste - FreeMail - Hilfe - Kontakt" auf. Die Betätigung
von "Kontakt" führt zu einer Seite, auf der der Nutzer über ein
Formular eine Anfrage an die Beklagte richten kann. In einem Rahmen rechts auf
der Seite finden sich unter der Überschrift "Impressum" neben der
Firma der Beklagten ihre Anschrift und die Namen ihrer Vorstandsmitglieder.
Die Klägerin hat
vorgetragen,
das Angebot der Beklagten verstoße gegen § 1 UWG in Verbindung mit §§ 2 und
3 FernAbsG. Diese Vorschriften seien verletzt, weil der Verbraucher auf den
Seiten, die zur Inanspruchnahme der Dienstleistung der Beklagten aufsuchen müsse,
nichts über ein Widerrufsrecht und nichts über die Identität der Beklagten
erfahre.
Die Klägerin hat beantragt,
der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung unter
Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen
Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs unter der Internetadresse .....
entgeltliche Verträge über die Einreichung von Lottospieltipps bei
Zahlenlottoveranstaltung anzubieten und/oder anbieten zu lassen,
a) ohne auf das Bestehen bzw. Nichtbestehen eines Widerrufsrechts nach § 3
FernAbsG hinzuweisen
b) ohne in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form auf die ladungsfähige
Anschrift der Beklagten nebst dem Namen einer ihrer Vertretungsberechtigten
aufmerksam zu machen.
Die Beklagte hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Beklagte hat
vorgetragen,
ein Widerrufsrecht bestehe für ihre Kunden nicht, da sie gem. § 3 Abs. 2 Nr. 4
FernAbsG Wett- und Lotterie-Dienstleistungen erbringe. Da die Beauftragung der
beklagten und die Ausführung des Auftrags in einer juristischen Sekunde
aufeinander folge, erlösche ein eventuelles Widerrufsrecht gem. § 312 d Abs. 3
BGB ohnehin sofort wieder. Wenn vor dem Abschluss jeder vertraglichen
Verpflichtung im Internet Identität und Anschrift des Unternehmers erscheinen müssten,
werde der Verbraucher entmündigt.
Das Landgericht hat
der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel einstweilen
untersagt, Verträge über die Einreichung eines Lottospieltipps anzubieten,
ohne auf einer Internetseite, die der Kunde vor Abgabe der Spielteilnahmeerklärung
aufrufen muss, über die Identität (vollständige Firma mit Angabe der
Vorstandsmitglieder) und ihre Adresse zu informieren und ohne bei den die
Firmenidentität und -adresse betreffenden Informationen klar und verständlich
darauf hinzuweisen, dass diese Firma die Vertragspartnerin des angebotenen Geschäftsbesorgungsvertrags
ist, dies etwa mit den Worten: "Ihr Lottospielvertrag kommt mit einer der
Landeslottogesellschaften (oder: mit der Lottogesellschaft XY) zustande. Wir
sind Ihr Vertragspartner bei der Vermittlung und Abwicklung des
Lottospielvertrags, wir: die Firma ...".Den weitergehenden Antrag hat das
Landgericht zurückgewiesen.
Hiergegen haben
beide Parteien Berufung eingelegt. Beide Parteien wiederholen und vertiefen -
auch im Hinblick auf die Ablösung des Fernabsatzgesetzes durch § 312 a bis §
312 c BGB durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz - ihren Vortrag aus erster
Instanz. Sie verteidigen das angefochtene Urteil soweit ihren Anträgen
entsprochen wurde und beanstanden es, soweit den gegnerischen Anträgen statt
gegeben worden ist.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und das
Urteil des Landgerichts dahin abzuändern, dass es der Beklagten unter
Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel einstweilen auch verboten werde, im
geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs insbesondere unter der
Internetadresse ... entgeltliche Verträge mit Verbrauchern über die
Einreichung von Lottospieltipps bei Annahmestellen anzubieten und/oder
anbieten zu lassen, ohne bereits vor Vertragsschluss auf das Bestehen eines
Widerrufsrechts in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel des
Internets klar und verständlich Weise sowie in Textform zu informieren, etwa
durch die Einschaltung einer vom Verbraucher nicht ignorierbaren
Informationsseite zu Beginn der Darstellung des vorstehend näher bezeichneten
Lottovermittlungsdienstleistungsangebots, hilfsweise abzuschließen und/oder
abschließen zu lassen, ohne dabei bis zur vollständigen Erfüllung des
Vertrages in Textform sowie in hervorgehobener und deutlicher Form die
Mitteilung an den Verbraucher gemacht zu haben, dass ein Widerrufsrecht nicht
besteht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und das
Urteil des Landgerichts dahin abzuändern, dass der Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung insgesamt abgewiesen wird.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der
Beklagten ist zulässig aber unbegründet. Das Landgericht hat der Beklagten mit
Recht einstweilen verboten, Verträge über die Einreichung eines
Lottospieltipps anzubieten, ohne im Internet die gesetzlich gebotenen
Informationen über ihre Identität, ihre Anschrift und die Art des Geschäfts
zu geben. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Das
Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Unrecht
teilweise zurückgewiesen. Es besteht auch ein Anspruch der Klägerin, dass die
Beklagte einstweilen unterlässt, Verträge über die Einreichung eines
Lottospieltipps anzubieten, ohne über das Widerrufsrecht des Kunden zu
informieren.
Der Verfügungsanspruch
ergibt sich aus § 1 UWG. Die Beklagte hat im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken
des Wettbewerbs mit ihrem Internetangebot eine Handlung vorgenommen, die gegen
die guten Sitten verstößt. Sie hat sich durch bewussten und planmäßig verübten
Rechtsbruch einen sachlich ungerechtfertigten Vorsprung vor ihren gesetzestreuen
Wettbewerbern verschafft (vgl. OLG Frankfurt OLGR 2001, 195; LG Duisburg, WRP
2001, 981).
I. Die Beklagte hat
durch die Art und Weise der Ausgestaltung ihres bisherigen Angebots im Internet
gegen ihre Pflicht zur Information über Identität und Anschrift gem. § 2 Abs.
2 Nr. 1 und 2 FernAbsG (heute § 312c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB i.V.m. Art. 240
EGBGB und § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BGB-InfoVO) verstoßen.
1) Im Rahmen des
Angebots der Vermittlung von Lottowetten ist die Beklagte Unternehmer. Sie ist
als Aktiengesellschaft eine juristische Person (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AktG) und
handelte bei Abschluss des Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit,
§ 14 Abs. 1 BGB. Der Vertragspartner ist regelmäßig ein Verbraucher. Er
handelt als natürliche Person und schließt das Rechtsgeschäft der Lottowette
zu einem Zweck, der weder seiner gewerblichen noch der selbständigen
beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, § 13 BGB. Der von der Beklagten
angebotene Vertrag ist ein Fernabsatzvertrag. Es soll von der Beklagten eine
Dienstleistung unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln
erbracht werden, § 1 Abs. 1 Satz 1 FernAbsG (heute § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB).
Wird der Teilbereich "World Wide Web" des Internet so wie von der
Beklagten genutzt, so ist er ein Fernkommunikationsmittel, § 1 Abs. 1 Satz 1
FernAbsG (heute § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB). In ihm findet der
Informationsaustausch zur Anbahnung und zum Abschluss des Vertrages ohne
gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien statt, § 1 Abs. 2
FernAbsG (heute § 312b Abs. 2 BGB).
2) Die Beklagte hat
nicht über ihre Identität und Anschrift und über wesentliche Merkmale der
Dienstleistung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden
Weise klar und unmissverständlich aufgeklärt, § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FernAbsG
(heute § 312c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB i.V.m. Art. 240 EGBGB und § 1 Abs. 1 Nr.
1 bis 3 BGB-InfoVO).
a) Die Angabe der
Firma und der Anschrift ist nicht klar und unmissverständlich erfolgt. Die
Nennung dieser Daten unter der Überschrift "Impressum" auf einer über
den Link "Kontakt" im Kopf und in der Bodenzeile zu erreichenden
besonderen Seite reicht nicht aus. Wann der Unternehmer den Verbraucher in
ausreichender Weise aufgeklärt hat, ist im Gesetz nicht näher definiert. Auch
Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im
Fernabsatz (ABl. EG Nr. L 144 S. 19, im folgenden: FARL), deren Umsetzung § 2
Abs. 2 FernAbsG (heute § 312c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB i.V.m. Art. 240 EGBGB und
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BGB-InfoVO) diente, bietet keinen genaueren Anhalt. Die
Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung problematisiert nur, ob stets
die Benutzung der deutschen Sprache erforderlich sein wird und führt lediglich
aus, in der Regel werde es als rechtzeitig anzusehen sein, wenn die
Informationen in Werbeprospekten, Katalogen oder auf Web-Seiten im Internet
enthalten sind, aufgrund derer sich der Verbraucher zur Bestellung entschließt
(BT-Drs. 14/2658, S. 38 linke Spalte, vgl. auch Palandt/Heinrichs 61. Aufl. § 2
FernAbsG Rdnr. 1 und 3). Sinn und Zweck der gesetzlichen Informationspflicht über
Identität und Anschrift ist, dass der Unternehmer den Verbraucher von sich aus
klar und unmissverständlich darauf hinweist, mit wem er in geschäftlichen
Kontakt getreten ist. Demnach genügt es nicht, wenn der Verbraucher durch den
Unternehmer lediglich in die Lage versetzt wird, sich diese Informationen zu
verschaffen. Erforderlich ist daher mindestens, dass die Informationen - wenn
auf sie wie hier nicht ausdrücklich hingewiesen wird - wenigstens an so
herausgehobener Stelle im Online-Formular angebracht sind, dass der Verbraucher
gleichsam zwangsläufig auf sie stoßen muss (MüKo-Wendehorst 4. Aufl § 3
FernAbsG Rdnr. 34). Ob es sogar gefordert wird, dass der Nutzer zum Aufruf der
Daten gezwungen wird (so OLG Frankfurt OLGR 2001, 195) kann hier dahinstehen.
Jedenfalls ist die Angabe im "Impressum" einer durch den Link
"Kontakt" erreichbaren Seite nicht klar und unmissverständlich.
Kontakt bezeichnet nach einem im World Wide Web bei Verwendung der deutschen
Sprache inzwischen verfestigten Gebrauch eine Seite, die den Benutzer in die
Lage versetzen soll, mit der im Internet auftretenden Person in Kontakt zu
treten. Dass sich es sich hierbei nicht nur um einen mailto-Link handelt,
sondern dass dort Informationen über Firma und Anschrift bereit gehalten
werden, bleibt weiten Teilen der angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch
die Mitglieder des Senats gehören, verborgen. Darüber hinaus gibt die Überschrift
"Impressum" auch zu Missverständnissen Anlass, weil im Impressum
einer Veröffentlichung die nach dem Presserecht verantwortlichen Personen
genannt zu werden pflegen. Dass es sich hierbei tatsächlich um die selbe Person
handelt, mit der ein Geschäftsbesorgungsvertrag zur "Online-Abgabe eines
Lottoscheins" geschlossen werden kann, ist für einen großen Teil der
Verbraucher jedenfalls unklar.
b) Auch die
Informationen über wesentliche Merkmale der Dienstleistung waren auf den
Internetseiten der Beklagten nicht klar und unmissverständlich. Die Angaben,
dass die Beklagte nicht selbst Partner der Wette mit dem Verbraucher wird,
sondern nur als Beauftragter des Kunden dessen Angebot der Lottogesellschaft
unterbreitet, und dabei nicht dafür einsteht, dass der Vertrag zustande kommt,
sind wesentliche Merkmale der Dienstleistung. Der Begriff "wesentliche
Merkmale" ist deskriptiv zu verstehen. Es müssen nicht alle Einzelheiten
angegeben werden. Der Verbraucher soll aber in die Lage versetzt werden, das
Leistungsangebot des Unternehmers zu bewerten (BT-Drs. 14/2658, S. 38 rechte
Spalte). Deshalb müssen die wesentlichen Merkmale der zu erbringenden Leistung
beschrieben werden (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O. Rdnr. 6). Dazu ist es im
vorliegenden Fall unerlässlich, dem Verbraucher nahezubringen, dass er die
Wette nicht mit der Beklagten abschließt, sondern der Vertrag nur die
Dienstleistung der Weitergabe seines Tipps an ein anderes Unternehmen gegen
Zahlung eines Lohnes (von der Beklagten "Handlinggebühr" genannt)
umfasst. Nur wenn diese Ausgestaltung des abzuschließenden Vertrags deutlich
gemacht wird, kann der Verbraucher das Angebot der Beklagten bewerten. Zwar mag
dem Verbraucher Lotto als die Mittwochs und Samstags erfolgende Ausspielung
"6 aus 49" geläufig sein. Hieraus folgt aber entgegen der Ansicht der
Beklagten nicht, dass dem Verbraucher ohne weitere Hinweise bewusst ist, im
Internet werde er lediglich eine Dienstleistung zur Weitergabe seines
Vertragsangebots an eine Lottogesellschaft erhalten und nicht unmittelbare
seinen Tipp abgeben können. Dies gilt erst recht dann, wenn wie hier die
Angaben über die Identität seines Gegenüber nur schwierig und missverständlich
zu erlangen sind. Die bloße Möglichkeit, sich durch einen Klick auf den Link
"AGB" genauere Kenntnis vom Wesen des Geschäfts zu verschaffen, genügt
den Anforderungen an eine vom Unternehmer ausgehende Information über die
wesentlichen Merkmale der Dienstleistung nicht. Es reicht nicht aus, auf die
umfassende rechtliche Regelung des Vertrags zu verweisen. Gefordert ist vielmehr
eine Information über dessen wesentlichen Kern.
II. Die Beklagte
hat durch die Art und Weise der Ausgestaltung ihres bisherigen Angebots im
Internet auch gegen ihre Pflicht zur Information über das Widerrufsrecht des
Kunden gem. § 2 Abs. 2 Nr. 8 FernAbsG (heute § 312c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB
i.V.m. Art. 240 EGBGB und § 1 Abs. 1 Nr. 9 BGB-InfoVO) verstoßen.
1. Den Kunden der
Beklagten, die von der Möglichkeit Gebrauch machen, ihren Lottotippschein
online über die Beklagte bei einer Lottogesellschaft einzureichen, stand zum
Zeitpunkt der Handlung der Beklagten ein Widerrufsrecht nach § 3 Abs. 1
FernAbsG i.V.m. § 361a BGB a.F. (heute § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 355
BGB) zu. Das Widderrufsrecht war nicht gem. § 3 Abs. 2 Nr. 4 FernAbsG (heute §
312d Abs. 4 Nr. 4 BGB) ausgeschlossen. Der von der Beklagten angebotene Vertrag
ist kein Vertrag zur Erbringung von Wett- oder Lotteriedienstleistungen.
Allerdings geht die Auffassung zu weit, hierunter fielen nur staatlich
genehmigte und nach § 763 BGB rechtsverbindliche Wetten (vgl. Palandt/Heinrichs
61. Aufl. § 3 fernAbsG Rdnr. 11), denn § 3 Abs. 2 Nr. 4 FernAbsG (heute §
312d Abs. 4 Nr. 4 BGB) dienst der Umsetzung von Art. 6 Abs. 3 Spiegelstrich 6
FARL und ist deshalb nicht nach den Begriffen des deutschen Zivilrechts, sondern
im Lichte der Richtlinie auszulegen. Danach zeichnen sich die betroffenen
Dienstleistungen durch ein spekulatives oder aleatorisches Element aus (vgl.
BT-Drs. 14/2658 S. 44 linke Spalte, MüKo-Wendehorst a.a.O: Rdnr. 38 m.w.N.).
Ein solches fehlt aber beim Vertrag zwischen der Beklagten und dem Verbraucher.
Der zwischen diesen zu schließende Geschäftsbesorgungsvertrag bietet dem
Verbraucher für seine Gegenleistung keine Gewinnchance, sondern lediglich die
Weiterleitung seines Antrags an eine Lottogesellschaft. Bei der Auslegung des
Begriffs der Wett- und Lotteriedienstleistungen ist zu bedenken, dass diese
nicht wie zahlreiche andere Geschäftsarten (vgl. § 1 Abs. 3 FernAbsG, heute §
312d Abs. 3 BGB) überhaupt von der Anwendung der Vorschriften über
Fernabsatzverträge ausgenommen sind. Bei einer solchen Bereichsausnahme ist es
zutreffend, danach zu fragen ob ein Geschäft, das nicht selbst beispielsweise
ein Fernunterrichtsvertrag ist, sondern seiner Vermittlung dient, auch unter die
Bereichsausnahme fällt. Hier hat der Gesetzgeber bei Wett- und
Lotteriedienstleistungen aber nur einen speziellen Teil der Verbraucherrechte -
nämlich das Widerrufsrecht - für nicht anwendbar erklärt hat. Dies hat seinen
Grund nur in der besonderen Struktur von Wettgeschäften, die auf den Eintritt
eines ungewissen zukünftigen Ereignisses abstellen und bei denen üblicherweise
die Chancen zu einem bestimmten Zeitpunkt von den Wettpartnern eingeschätzt
werden. Dann wäre es in der Tat nach der Eigenart des Geschäfts unangemessen,
wenn sich ein Teil - insbesondere bei einer Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse
- einseitig von seiner Wette durch einen Widerruf lösen könnte. Von solchen
Ungewissheiten, Spekulationen und aleatorischen Reizen ist dagegen die Geschäftsbesorgung
durch die Beklagte nicht betroffen. Es sind keine durchgreifenden sachlichen Gründe
erkennbar, warum der Verbraucher nicht widerrufen können soll, solange -
bildlich gesprochen - der Lottoschein noch bei der Beklagten liegt und diese
sich noch nicht auf den Weg zur Annahmestelle gemacht hat.
2. Die Belehrung über
dieses Widerrufsrecht ist entgegen der Ansicht der Berufung der Beklagten auch
nicht sinnlos. Zwar erlischt das Widerrufsrecht gem. § 3 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2
lit. b) FernAbsG (heute § 312d Abs. 3 BGB) bei Dienstleistungen, wenn der
Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung mit Zustimmung des
Verbrauchers vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hat. Mag dieses Erlöschen
nach dem Vortrag der Beklagten auch häufig unmittelbar auf den Abschluss des
Geschäftsbesorgungsvertrags folgen, so steht nach dem Vortrag der Beklagten und
den von ihr verwendeten allgemeinen Geschäftsbedingungen doch fest, dass der
Verbraucher keinen Einfluss darauf hat, wann die Beklagte sein Angebot an die
Lottogesellschaft weiterleitet. Solange sie dies nicht getan hat, etwa weil eine
technische Störung aufgetreten ist oder weil sie sich entschlossen hat, die
Tipps ihrer Kunden erst zu sammeln und dann geschlossen kurz vor Annahmeschluss
abzugeben, besteht das Widerrufsrecht fort. Deshalb ist eine Belehrung hierüber
auch dann nicht entbehrlich, wenn der Unternehmer regelmäßig seine
Dienstleistung vor dem Ende der Widerrufsfrist beginnen soll (LG Hamburg CR
2001, 475).
Die in der
Vergangenheit bereits geschehenen Verstöße gegen die Vorschriften des
Fernabsatzgesetzes begründen die naheliegende, auf Tatsachen gestützte,
dringende Gefahr, die Beklagte werde in Zukunft auch den im wesentlichen
gleichlautenden Vorschriften des § 312c Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr.
1 bis 3 und 9 BGB-InfoVO zuwiderhandeln. Die durch Rechtsbruch erlangten
Wettbewerbsvorteile sind wettbewerbsrechtlich relevant. Sie haben der Beklagten
die Möglichkeit verschafft, die Wettbewerbslage zu ihren Gunsten zu
beeinflussen. Die Klägerin ist als unmittelbar Wettbewerberin selbst verletzt
und damit Inhaberin des Unterlassungsanspruchs. Der Verfügungsgrund wird gem.
§ 25 UWG vermutet. Da die Beklagte zur Unterlassung zu verurteilen war, müssen
ihr auf Antrag der Klägerin gem. § 890 Abs. 2 ZPO die gesetzlichen Folgen
einer Zuwiderhandlung angedroht werden.
Der Senat hat das
Unterlassungsgebot gegenüber dem Antrag und gegenüber der vom Landgericht gewählten
Fassung sprachlich neu gefasst, § 938 Abs. 1 ZPO. Die von der Beklagten in
erster Instanz vertretenen Bedenken gegen die Bestimmtheit greifen nicht durch.
Was der Beklagten verboten ist, wird im Tenor hinreichend bestimmt beschrieben.
Sie hat zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
entgeltliche Verträge mit Verbrauchern über die Einreichung von
Lottospieltipps bei Annahmestellen anzubieten und/oder anbieten zu lassen. Die
nachfolgenden Teile des Tenors beschreiben nur, unter welchen Bedingungen ein
von dem bisherigen Tun der Beklagten abweichendes Verhalten aus dem Kernbereich
des Verbots herführt. Hierzu ist nicht mehr als die Wiederholung des
Gesetzeswortlauts angezeigt, denn es steht der Beklagten frei, auf welche Weise
sie den gesetzlichen Anforderungen an die Informationspflicht genügen will.
Deshalb erscheint es dem Senat auch verfehlt, im Tenor hierfür gerichtliche
"Vorschläge" zu unterbreiten, wie dies geschehen könnte, aber nicht
notwendig geschehen muss. Die Angabe, dass die Informationen "in
Textform" zu geben sind, war nicht in den Tenor aufzunehmen. Zwar bestimmt
§ 1 Abs. 2 BGB-InfoVO jetzt, dass die nach § 312c Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 Abs.
1 Nr. 1 bis 9 BGB-InfoVO bestimmten Informationen in dieser Form zu erteilen
sind. Das bisherige Verhalten der Beklagten gibt aber keine Veranlassung zu der
Besorgnis, sie werde sich in Zukunft dieser Verpflichtung zur Einhaltung der
Form entziehen.