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Fehlende Angaben nach dem Fernabsatzgesetz

OLG Karlsruhe

Urteil vom 27.03.2002 

 6 U 200/01

 

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) organisiert gewerblich Lottospielgemeinschaften. Die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) betreibt ein Internetportal. Seit September 2001 bietet sie dort an, Lottospieltipps gegen Entgelt an eine Lottospielgesellschaft weiterzuleiten. Dazu ist zunächst erforderlich, dass sich der Internetbenutzer bei der Beklagten registrieren lässt. Hierzu muss er im Schritt 1 seine persönlichen Angaben, im Schritt 2 einen Benutzernamen, im Schritt 3 Sicherheitsangaben - z.B. ein Passwort - angeben, die er im Schritt 4 zusammengefasst bestätigen muss. Auf der entsprechenden Seite im Angebot der Beklagten kann der Kunde dann online einen Lottoschein "ausfüllen". Ist er registriert und eingeloggt, kann er durch Klick auf die Schaltfläche "Abgeben!" zur Auswahl der Zahlungsmöglichkeiten gelangen. Hat er dort zwischen Kreditkarte oder Lastschrift gewählt, kann er durch betätigen der Schaltfläche "Schein abgeben" der Beklagten den Auftrag endgültig erteilen. Der Wetteinsatz wird sodann zuzüglich einer der Beklagten zukommenden "Handlinggebühr" auf dem gewählten Konto belastet. Alle Seiten im Zusammenhang mit der Lottoannahme sind einheitlich so gestaltet, dass in einem Rahmen links unter dem Menupunkt "Preise/AGB" der Unterpunkt "AGB" ausgewählt werden kann. Die Betätigung von "AGB" führt zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten in denen sie sich selbst als "W.... AG (nachstehend ‚W...' genannt)" bezeichnet. Sämtliche Seiten - auch die bei der Registrierung zu durchlaufenden - weisen IM Navigationsmenü im Seitenkopf und in einer Zeile am Fuß der Seite die Links "Suche - Themen - Dienste - FreeMail - Hilfe - Kontakt" auf. Die Betätigung von "Kontakt" führt zu einer Seite, auf der der Nutzer über ein Formular eine Anfrage an die Beklagte richten kann. In einem Rahmen rechts auf der Seite finden sich unter der Überschrift "Impressum" neben der Firma der Beklagten ihre Anschrift und die Namen ihrer Vorstandsmitglieder.

Die Klägerin hat vorgetragen,
das Angebot der Beklagten verstoße gegen § 1 UWG in Verbindung mit §§ 2 und 3 FernAbsG. Diese Vorschriften seien verletzt, weil der Verbraucher auf den Seiten, die zur Inanspruchnahme der Dienstleistung der Beklagten aufsuchen müsse, nichts über ein Widerrufsrecht und nichts über die Identität der Beklagten erfahre.

Die Klägerin hat beantragt,

der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs unter der Internetadresse ..... entgeltliche Verträge über die Einreichung von Lottospieltipps bei Zahlenlottoveranstaltung anzubieten und/oder anbieten zu lassen,

a) ohne auf das Bestehen bzw. Nichtbestehen eines Widerrufsrechts nach § 3 FernAbsG hinzuweisen
b) ohne in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form auf die ladungsfähige Anschrift der Beklagten nebst dem Namen einer ihrer Vertretungsberechtigten aufmerksam zu machen.

Die Beklagte hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,
ein Widerrufsrecht bestehe für ihre Kunden nicht, da sie gem. § 3 Abs. 2 Nr. 4 FernAbsG Wett- und Lotterie-Dienstleistungen erbringe. Da die Beauftragung der beklagten und die Ausführung des Auftrags in einer juristischen Sekunde aufeinander folge, erlösche ein eventuelles Widerrufsrecht gem. § 312 d Abs. 3 BGB ohnehin sofort wieder. Wenn vor dem Abschluss jeder vertraglichen Verpflichtung im Internet Identität und Anschrift des Unternehmers erscheinen müssten, werde der Verbraucher entmündigt.

Das Landgericht hat der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel einstweilen untersagt, Verträge über die Einreichung eines Lottospieltipps anzubieten, ohne auf einer Internetseite, die der Kunde vor Abgabe der Spielteilnahmeerklärung aufrufen muss, über die Identität (vollständige Firma mit Angabe der Vorstandsmitglieder) und ihre Adresse zu informieren und ohne bei den die Firmenidentität und -adresse betreffenden Informationen klar und verständlich darauf hinzuweisen, dass diese Firma die Vertragspartnerin des angebotenen Geschäftsbesorgungsvertrags ist, dies etwa mit den Worten: "Ihr Lottospielvertrag kommt mit einer der Landeslottogesellschaften (oder: mit der Lottogesellschaft XY) zustande. Wir sind Ihr Vertragspartner bei der Vermittlung und Abwicklung des Lottospielvertrags, wir: die Firma ...".Den weitergehenden Antrag hat das Landgericht zurückgewiesen.

Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Beide Parteien wiederholen und vertiefen - auch im Hinblick auf die Ablösung des Fernabsatzgesetzes durch § 312 a bis § 312 c BGB durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz - ihren Vortrag aus erster Instanz. Sie verteidigen das angefochtene Urteil soweit ihren Anträgen entsprochen wurde und beanstanden es, soweit den gegnerischen Anträgen statt gegeben worden ist.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und das Urteil des Landgerichts dahin abzuändern, dass es der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel einstweilen auch verboten werde, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs insbesondere unter der Internetadresse ... entgeltliche Verträge mit Verbrauchern über die Einreichung von Lottospieltipps bei Annahmestellen anzubieten und/oder anbieten zu lassen, ohne bereits vor Vertragsschluss auf das Bestehen eines Widerrufsrechts in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel des Internets klar und verständlich Weise sowie in Textform zu informieren, etwa durch die Einschaltung einer vom Verbraucher nicht ignorierbaren Informationsseite zu Beginn der Darstellung des vorstehend näher bezeichneten Lottovermittlungsdienstleistungsangebots, hilfsweise abzuschließen und/oder abschließen zu lassen, ohne dabei bis zur vollständigen Erfüllung des Vertrages in Textform sowie in hervorgehobener und deutlicher Form die Mitteilung an den Verbraucher gemacht zu haben, dass ein Widerrufsrecht nicht besteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und das Urteil des Landgerichts dahin abzuändern, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung insgesamt abgewiesen wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig aber unbegründet. Das Landgericht hat der Beklagten mit Recht einstweilen verboten, Verträge über die Einreichung eines Lottospieltipps anzubieten, ohne im Internet die gesetzlich gebotenen Informationen über ihre Identität, ihre Anschrift und die Art des Geschäfts zu geben. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Unrecht teilweise zurückgewiesen. Es besteht auch ein Anspruch der Klägerin, dass die Beklagte einstweilen unterlässt, Verträge über die Einreichung eines Lottospieltipps anzubieten, ohne über das Widerrufsrecht des Kunden zu informieren.

Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 1 UWG. Die Beklagte hat im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit ihrem Internetangebot eine Handlung vorgenommen, die gegen die guten Sitten verstößt. Sie hat sich durch bewussten und planmäßig verübten Rechtsbruch einen sachlich ungerechtfertigten Vorsprung vor ihren gesetzestreuen Wettbewerbern verschafft (vgl. OLG Frankfurt OLGR 2001, 195; LG Duisburg, WRP 2001, 981).

I. Die Beklagte hat durch die Art und Weise der Ausgestaltung ihres bisherigen Angebots im Internet gegen ihre Pflicht zur Information über Identität und Anschrift gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FernAbsG (heute § 312c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB i.V.m. Art. 240 EGBGB und § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BGB-InfoVO) verstoßen.

1) Im Rahmen des Angebots der Vermittlung von Lottowetten ist die Beklagte Unternehmer. Sie ist als Aktiengesellschaft eine juristische Person (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AktG) und handelte bei Abschluss des Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit, § 14 Abs. 1 BGB. Der Vertragspartner ist regelmäßig ein Verbraucher. Er handelt als natürliche Person und schließt das Rechtsgeschäft der Lottowette zu einem Zweck, der weder seiner gewerblichen noch der selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, § 13 BGB. Der von der Beklagten angebotene Vertrag ist ein Fernabsatzvertrag. Es soll von der Beklagten eine Dienstleistung unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln erbracht werden, § 1 Abs. 1 Satz 1 FernAbsG (heute § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB). Wird der Teilbereich "World Wide Web" des Internet so wie von der Beklagten genutzt, so ist er ein Fernkommunikationsmittel, § 1 Abs. 1 Satz 1 FernAbsG (heute § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB). In ihm findet der Informationsaustausch zur Anbahnung und zum Abschluss des Vertrages ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien statt, § 1 Abs. 2 FernAbsG (heute § 312b Abs. 2 BGB).

2) Die Beklagte hat nicht über ihre Identität und Anschrift und über wesentliche Merkmale der Dienstleistung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und unmissverständlich aufgeklärt, § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FernAbsG (heute § 312c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB i.V.m. Art. 240 EGBGB und § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BGB-InfoVO).

a) Die Angabe der Firma und der Anschrift ist nicht klar und unmissverständlich erfolgt. Die Nennung dieser Daten unter der Überschrift "Impressum" auf einer über den Link "Kontakt" im Kopf und in der Bodenzeile zu erreichenden besonderen Seite reicht nicht aus. Wann der Unternehmer den Verbraucher in ausreichender Weise aufgeklärt hat, ist im Gesetz nicht näher definiert. Auch Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. EG Nr. L 144 S. 19, im folgenden: FARL), deren Umsetzung § 2 Abs. 2 FernAbsG (heute § 312c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB i.V.m. Art. 240 EGBGB und § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BGB-InfoVO) diente, bietet keinen genaueren Anhalt. Die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung problematisiert nur, ob stets die Benutzung der deutschen Sprache erforderlich sein wird und führt lediglich aus, in der Regel werde es als rechtzeitig anzusehen sein, wenn die Informationen in Werbeprospekten, Katalogen oder auf Web-Seiten im Internet enthalten sind, aufgrund derer sich der Verbraucher zur Bestellung entschließt (BT-Drs. 14/2658, S. 38 linke Spalte, vgl. auch Palandt/Heinrichs 61. Aufl. § 2 FernAbsG Rdnr. 1 und 3). Sinn und Zweck der gesetzlichen Informationspflicht über Identität und Anschrift ist, dass der Unternehmer den Verbraucher von sich aus klar und unmissverständlich darauf hinweist, mit wem er in geschäftlichen Kontakt getreten ist. Demnach genügt es nicht, wenn der Verbraucher durch den Unternehmer lediglich in die Lage versetzt wird, sich diese Informationen zu verschaffen. Erforderlich ist daher mindestens, dass die Informationen - wenn auf sie wie hier nicht ausdrücklich hingewiesen wird - wenigstens an so herausgehobener Stelle im Online-Formular angebracht sind, dass der Verbraucher gleichsam zwangsläufig auf sie stoßen muss (MüKo-Wendehorst 4. Aufl § 3 FernAbsG Rdnr. 34). Ob es sogar gefordert wird, dass der Nutzer zum Aufruf der Daten gezwungen wird (so OLG Frankfurt OLGR 2001, 195) kann hier dahinstehen. Jedenfalls ist die Angabe im "Impressum" einer durch den Link "Kontakt" erreichbaren Seite nicht klar und unmissverständlich. Kontakt bezeichnet nach einem im World Wide Web bei Verwendung der deutschen Sprache inzwischen verfestigten Gebrauch eine Seite, die den Benutzer in die Lage versetzen soll, mit der im Internet auftretenden Person in Kontakt zu treten. Dass sich es sich hierbei nicht nur um einen mailto-Link handelt, sondern dass dort Informationen über Firma und Anschrift bereit gehalten werden, bleibt weiten Teilen der angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die Mitglieder des Senats gehören, verborgen. Darüber hinaus gibt die Überschrift "Impressum" auch zu Missverständnissen Anlass, weil im Impressum einer Veröffentlichung die nach dem Presserecht verantwortlichen Personen genannt zu werden pflegen. Dass es sich hierbei tatsächlich um die selbe Person handelt, mit der ein Geschäftsbesorgungsvertrag zur "Online-Abgabe eines Lottoscheins" geschlossen werden kann, ist für einen großen Teil der Verbraucher jedenfalls unklar.

b) Auch die Informationen über wesentliche Merkmale der Dienstleistung waren auf den Internetseiten der Beklagten nicht klar und unmissverständlich. Die Angaben, dass die Beklagte nicht selbst Partner der Wette mit dem Verbraucher wird, sondern nur als Beauftragter des Kunden dessen Angebot der Lottogesellschaft unterbreitet, und dabei nicht dafür einsteht, dass der Vertrag zustande kommt, sind wesentliche Merkmale der Dienstleistung. Der Begriff "wesentliche Merkmale" ist deskriptiv zu verstehen. Es müssen nicht alle Einzelheiten angegeben werden. Der Verbraucher soll aber in die Lage versetzt werden, das Leistungsangebot des Unternehmers zu bewerten (BT-Drs. 14/2658, S. 38 rechte Spalte). Deshalb müssen die wesentlichen Merkmale der zu erbringenden Leistung beschrieben werden (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O. Rdnr. 6). Dazu ist es im vorliegenden Fall unerlässlich, dem Verbraucher nahezubringen, dass er die Wette nicht mit der Beklagten abschließt, sondern der Vertrag nur die Dienstleistung der Weitergabe seines Tipps an ein anderes Unternehmen gegen Zahlung eines Lohnes (von der Beklagten "Handlinggebühr" genannt) umfasst. Nur wenn diese Ausgestaltung des abzuschließenden Vertrags deutlich gemacht wird, kann der Verbraucher das Angebot der Beklagten bewerten. Zwar mag dem Verbraucher Lotto als die Mittwochs und Samstags erfolgende Ausspielung "6 aus 49" geläufig sein. Hieraus folgt aber entgegen der Ansicht der Beklagten nicht, dass dem Verbraucher ohne weitere Hinweise bewusst ist, im Internet werde er lediglich eine Dienstleistung zur Weitergabe seines Vertragsangebots an eine Lottogesellschaft erhalten und nicht unmittelbare seinen Tipp abgeben können. Dies gilt erst recht dann, wenn wie hier die Angaben über die Identität seines Gegenüber nur schwierig und missverständlich zu erlangen sind. Die bloße Möglichkeit, sich durch einen Klick auf den Link "AGB" genauere Kenntnis vom Wesen des Geschäfts zu verschaffen, genügt den Anforderungen an eine vom Unternehmer ausgehende Information über die wesentlichen Merkmale der Dienstleistung nicht. Es reicht nicht aus, auf die umfassende rechtliche Regelung des Vertrags zu verweisen. Gefordert ist vielmehr eine Information über dessen wesentlichen Kern.

II. Die Beklagte hat durch die Art und Weise der Ausgestaltung ihres bisherigen Angebots im Internet auch gegen ihre Pflicht zur Information über das Widerrufsrecht des Kunden gem. § 2 Abs. 2 Nr. 8 FernAbsG (heute § 312c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB i.V.m. Art. 240 EGBGB und § 1 Abs. 1 Nr. 9 BGB-InfoVO) verstoßen.

1. Den Kunden der Beklagten, die von der Möglichkeit Gebrauch machen, ihren Lottotippschein online über die Beklagte bei einer Lottogesellschaft einzureichen, stand zum Zeitpunkt der Handlung der Beklagten ein Widerrufsrecht nach § 3 Abs. 1 FernAbsG i.V.m. § 361a BGB a.F. (heute § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 355 BGB) zu. Das Widderrufsrecht war nicht gem. § 3 Abs. 2 Nr. 4 FernAbsG (heute § 312d Abs. 4 Nr. 4 BGB) ausgeschlossen. Der von der Beklagten angebotene Vertrag ist kein Vertrag zur Erbringung von Wett- oder Lotteriedienstleistungen. Allerdings geht die Auffassung zu weit, hierunter fielen nur staatlich genehmigte und nach § 763 BGB rechtsverbindliche Wetten (vgl. Palandt/Heinrichs 61. Aufl. § 3 fernAbsG Rdnr. 11), denn § 3 Abs. 2 Nr. 4 FernAbsG (heute § 312d Abs. 4 Nr. 4 BGB) dienst der Umsetzung von Art. 6 Abs. 3 Spiegelstrich 6 FARL und ist deshalb nicht nach den Begriffen des deutschen Zivilrechts, sondern im Lichte der Richtlinie auszulegen. Danach zeichnen sich die betroffenen Dienstleistungen durch ein spekulatives oder aleatorisches Element aus (vgl. BT-Drs. 14/2658 S. 44 linke Spalte, MüKo-Wendehorst a.a.O: Rdnr. 38 m.w.N.). Ein solches fehlt aber beim Vertrag zwischen der Beklagten und dem Verbraucher. Der zwischen diesen zu schließende Geschäftsbesorgungsvertrag bietet dem Verbraucher für seine Gegenleistung keine Gewinnchance, sondern lediglich die Weiterleitung seines Antrags an eine Lottogesellschaft. Bei der Auslegung des Begriffs der Wett- und Lotteriedienstleistungen ist zu bedenken, dass diese nicht wie zahlreiche andere Geschäftsarten (vgl. § 1 Abs. 3 FernAbsG, heute § 312d Abs. 3 BGB) überhaupt von der Anwendung der Vorschriften über Fernabsatzverträge ausgenommen sind. Bei einer solchen Bereichsausnahme ist es zutreffend, danach zu fragen ob ein Geschäft, das nicht selbst beispielsweise ein Fernunterrichtsvertrag ist, sondern seiner Vermittlung dient, auch unter die Bereichsausnahme fällt. Hier hat der Gesetzgeber bei Wett- und Lotteriedienstleistungen aber nur einen speziellen Teil der Verbraucherrechte - nämlich das Widerrufsrecht - für nicht anwendbar erklärt hat. Dies hat seinen Grund nur in der besonderen Struktur von Wettgeschäften, die auf den Eintritt eines ungewissen zukünftigen Ereignisses abstellen und bei denen üblicherweise die Chancen zu einem bestimmten Zeitpunkt von den Wettpartnern eingeschätzt werden. Dann wäre es in der Tat nach der Eigenart des Geschäfts unangemessen, wenn sich ein Teil - insbesondere bei einer Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse - einseitig von seiner Wette durch einen Widerruf lösen könnte. Von solchen Ungewissheiten, Spekulationen und aleatorischen Reizen ist dagegen die Geschäftsbesorgung durch die Beklagte nicht betroffen. Es sind keine durchgreifenden sachlichen Gründe erkennbar, warum der Verbraucher nicht widerrufen können soll, solange - bildlich gesprochen - der Lottoschein noch bei der Beklagten liegt und diese sich noch nicht auf den Weg zur Annahmestelle gemacht hat.

2. Die Belehrung über dieses Widerrufsrecht ist entgegen der Ansicht der Berufung der Beklagten auch nicht sinnlos. Zwar erlischt das Widerrufsrecht gem. § 3 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 lit. b) FernAbsG (heute § 312d Abs. 3 BGB) bei Dienstleistungen, wenn der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung mit Zustimmung des Verbrauchers vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hat. Mag dieses Erlöschen nach dem Vortrag der Beklagten auch häufig unmittelbar auf den Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrags folgen, so steht nach dem Vortrag der Beklagten und den von ihr verwendeten allgemeinen Geschäftsbedingungen doch fest, dass der Verbraucher keinen Einfluss darauf hat, wann die Beklagte sein Angebot an die Lottogesellschaft weiterleitet. Solange sie dies nicht getan hat, etwa weil eine technische Störung aufgetreten ist oder weil sie sich entschlossen hat, die Tipps ihrer Kunden erst zu sammeln und dann geschlossen kurz vor Annahmeschluss abzugeben, besteht das Widerrufsrecht fort. Deshalb ist eine Belehrung hierüber auch dann nicht entbehrlich, wenn der Unternehmer regelmäßig seine Dienstleistung vor dem Ende der Widerrufsfrist beginnen soll (LG Hamburg CR 2001, 475).

Die in der Vergangenheit bereits geschehenen Verstöße gegen die Vorschriften des Fernabsatzgesetzes begründen die naheliegende, auf Tatsachen gestützte, dringende Gefahr, die Beklagte werde in Zukunft auch den im wesentlichen gleichlautenden Vorschriften des § 312c Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und 9 BGB-InfoVO zuwiderhandeln. Die durch Rechtsbruch erlangten Wettbewerbsvorteile sind wettbewerbsrechtlich relevant. Sie haben der Beklagten die Möglichkeit verschafft, die Wettbewerbslage zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Die Klägerin ist als unmittelbar Wettbewerberin selbst verletzt und damit Inhaberin des Unterlassungsanspruchs. Der Verfügungsgrund wird gem. § 25 UWG vermutet. Da die Beklagte zur Unterlassung zu verurteilen war, müssen ihr auf Antrag der Klägerin gem. § 890 Abs. 2 ZPO die gesetzlichen Folgen einer Zuwiderhandlung angedroht werden.

Der Senat hat das Unterlassungsgebot gegenüber dem Antrag und gegenüber der vom Landgericht gewählten Fassung sprachlich neu gefasst, § 938 Abs. 1 ZPO. Die von der Beklagten in erster Instanz vertretenen Bedenken gegen die Bestimmtheit greifen nicht durch. Was der Beklagten verboten ist, wird im Tenor hinreichend bestimmt beschrieben. Sie hat zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs entgeltliche Verträge mit Verbrauchern über die Einreichung von Lottospieltipps bei Annahmestellen anzubieten und/oder anbieten zu lassen. Die nachfolgenden Teile des Tenors beschreiben nur, unter welchen Bedingungen ein von dem bisherigen Tun der Beklagten abweichendes Verhalten aus dem Kernbereich des Verbots herführt. Hierzu ist nicht mehr als die Wiederholung des Gesetzeswortlauts angezeigt, denn es steht der Beklagten frei, auf welche Weise sie den gesetzlichen Anforderungen an die Informationspflicht genügen will. Deshalb erscheint es dem Senat auch verfehlt, im Tenor hierfür gerichtliche "Vorschläge" zu unterbreiten, wie dies geschehen könnte, aber nicht notwendig geschehen muss. Die Angabe, dass die Informationen "in Textform" zu geben sind, war nicht in den Tenor aufzunehmen. Zwar bestimmt § 1 Abs. 2 BGB-InfoVO jetzt, dass die nach § 312c Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 BGB-InfoVO bestimmten Informationen in dieser Form zu erteilen sind. Das bisherige Verhalten der Beklagten gibt aber keine Veranlassung zu der Besorgnis, sie werde sich in Zukunft dieser Verpflichtung zur Einhaltung der Form entziehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

 

 

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