Übernahme einer fremden Leistung durch
einen Link?
Landgericht München I
Urteil vom 01.03.2002
21 O 9997/01
Im Namen des Volkes
... erlässt die 2l. Zivilkammer des Landgerichts München I ... aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 23.01.2002 folgendes Endurteil:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.500 € vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten unter urheber- und
wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten einen Unterlassungsanspruch wegen Nutzung
von Teilen ihres Internetauftrittes durch die Beklagte geltend.
Die Klägerin betreibt unter dem Domain www.sueddeutsche.de einen eigenen
Internetauftritt. Dort veröffentlicht sie auf Grundlage einer vertraglicher
Regelung mit der Süddeutschen Zeitung GmbH sämtliche redaktionellen
Mitteilungen aus der Süddeutschen Zeitung. Der Zugriff ist für die Benutzer
der Homepage kostenfrei. Das Internetangebot der Klägerin wird zumindest
teilweise durch Einnahmen aus der "Banner"-Werbung finanziert.
Die Beklagte ist eine Firma, die ihren Kunden einen Internet-Suchdienst
anbietet. Dazu durchsucht die Beklagte täglich die Internetseiten von Medien
aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA, wobei hauptsächlich
Printmedien online durchsucht werden, aber auch die Web-Sites der regionalen
Rundfunk- und Fernsehsender, Newsletter, Newsgroups, Webportale und Quellen wie
die Pressemitteilungen des Deutschen Bundestages, der Landtage, der großen
politischen Parteien, Gewerkschaften und Organisationen.
Die Beklagte übermittelt den Nutzern per e-mail bzw. stellt auf einer nur von
dem Nutzer abrufbaren Internetseite eine Liste bereit, die eine Aufstellung der
gefundenen Presseartikel enthalten. Die Auflistung enthält die Fundstelle, die
Überschrift des Artikels, den Namen der Zeitung als Quellenangabe, das Ressort
(z.B. Wirtschaft) sowie einige Sätze des Artikels, die das als Suchbegriff
eingegebene Wort enthalten, jedoch nicht den vollständigen Artikel (vgl. Anlage
K 4).
Darüber hinaus erhält diese Liste einen Hinweis, wie der Kunde an den
betreffenden Artikel im Volltext gelangen kann. Der Nutzer kann die betreffende
Fundstelle anklicken und gelangt auf diese Weise direkt auf die Seite des
Internetauftritts, auf der sich der betreffende Artikel befindet. Durch dieses
sogenannte "deep-link"-Verfahren wird der Nutzer an der Homepage und
den weiteren Hauptseiten des betroffenen Internetauftrittes vorbeigeführt.
Die Nutzung des Internetangebots der Beklagten ist kostenpflichtig. Der Benutzer
hat einen pauschalen Betrag von Euro 98,- monatlich je Suchmuster zu bezahlen.
Der Abonnentenvertrag läuft auf zunächst drei Monate und verlängert sich dann
jeweils um einen weiteren Monat bei einer Kündigungsfrist von einer Woche zum
Monatsende. Nachdem die Beklagte eine Abmahnung durch die Süddeutsche Zeitung
GmbH 11.12.2000 als unbegründet zurückgewiesen hatte, erhob die Klägerin mit
Schriftsatz vom 31.5.2001 Klage.
Die Klägerin trägt vor: Das Angebot der Beklagten sei rechtswidrig, da es
Nutzungsrechte der Klägerin verletze. Der Unterlassungsanspruch ergebe sich aus
§§ 97, 87 b Abs.l UrhG. Die von ihr gespeicherten und unter ihrer
Internetadresse abrufbaren redaktionellen Daten seien in ihrer Gesamtheit eine
Datenbank nach § 87 a UrhG; zu deren Beschaffung, Überprüfung und Darstellung
sowie zu deren Pflege und Aktualisierung die Klägerin erhebliche Investitionen
getätigt habe und noch tätige. Die Klägerin habe das ausschließliche
Nutzungsrecht nach § 87 b UrhG, diese Datenbank zu vervielfältigen. Dabei könne
dahinstehen, ob die Beklagte wesentliche Teile der Datenbank durch ihr Vorgehen
vervielfältige; zumindest vervielfältige sie unwesentliche Teile gemäß § 87
b l 2 UrhG, was ebenfalls Unterlassungsansprüche begründe. Diese Vervielfältigung
unwesentlicher Teile liefe einer normalen Auswertung der Datenbank zuwider, da
die Klägerin diese nicht geschaffen habe, dass sie von Dritten entgeltlich
ausgeschlachtet werde. Die Klägerin stelle nämlich ihre Beiträge nur deshalb
ins Internet, damit Interessierte darauf unentgeltlich Zugriff nehmen können,
nicht aber, dass Dritte diese Texte gewerblich verwerten. Zudem beeinträchtige
auch eine nur unwesentliche Auswertung die berechtigten Interessen der Klägerin
unzumutbar, da sie Gefahr laufe, Nutzer ihrer Seiten zu verlieren und damit
Werbekunden und Werbeeinnahmen, Zudem sei auch die Verbindung, die die Beklagte
lediglich im Wege des "deep link" aufbaue, eine unzumutbare Beeinträchtigung
der berechtigten Interessen der Klägerin. Auch vervielfältige die Beklagte
Daten, denn die Daten gelängen aufgrund der Tätigkeit der Beklagten in das
Speichermedium des jeweiligen Nutzers und seien somit spätestens mit der Übermittlung
des Links an den Nutzer vervielfältigt, ohne dass eg darauf ankäme, ob diese
Daten zuvor auf dem Rechner der Beklagten abgespeichert oder vervielfältigt
werden würden. Überdies ergebe sich der Anspruch äug den §§2 Abs.l; 97
Abs.l UrhG.
Die von der Klägerin gespeicherten redaktionellen Beiträge seien grundsätzlich
Schriftwerke im Sinne des § 2 Abs. l UrhG und stellten zudem in ihrer
Gesamtheit eine Sammlung von Werken dar, die gemäß S 4 Abs. l UrhG geschützt
sei. Der Klägerin sei das exklusive Recht an diesen Beiträgen zur Nutzung im
Internet übertragen' worden und die Beklagte verletze diese Rechte der Klägerin,
denn die Speicherung der Beiträge auf einem Datenträger verletze das Vervielfältigungsrecht
der Klägerin nach § 16 UrhG. Die Beklagte könne sich nicht auf § 49 Abs. l
UrhG berufen, da davon nur einzelne Artikel aus Zeitungen und anderen lediglich
Tagesinteressen dienenden Informationsblättern erfasst seien. Das
Internetangebot der Klägerin sei aber weder eine Zeitung noch ein
Informationsblatt. Auch dürften nur einzelne Artikel übernommen werden, nicht
aber ganze Zeitungsseiten ohne nähere Auswahl. Des weiteren wäre zudem nur die
Wiedergabe in anderen Zeitungen und Informationsblättern dieser Art zulässig,
die vom Beklagten betriebene Datenbank sei aber kein körperlich greifbares
Printmedium, außerdem mangele es vorliegend auch an einer öffentlichen
Wiedergabe. Auch ein Fall von § 87 c UrhG oder § 53 UrhG, insbesondere von g
53 Abs. Nr.2 liege nicht vor, da diese Vorschrift nur die Archivierung zum
privaten Gebrauch erfasse, nicht aber die Verwendung der Daten durch Dritte. Die
Beklagte nehme die Datenvervielfältigung nicht zum privaten Gebrauch vor. Überdies
verletze die Beklagte auch das Verbreitungsrecht der Klägerin, da hier
zumindest ein Anbieten, aber auch ein Inverkehrbringen vorliege. Auch die
Voraussetzungen eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs seien
gegeben, da die Beklagte unlauter gemäß § l UWG handele. Das unlautere
Handeln ergebe sich aus dem Gesichtspunkt der unmittelbaren Übernahme fremder
Leistungen, Die Beklagte handele unlauter, da die Klägerin für ihr' eigenes
Internetangebot einen erheblichen Personal- und Kostenaufwand betreibe, und die
Beklagte systematisch und planmäßig vorgehe und nicht nur einzelne Artikel aus
dem Angebot der Klägerin übernehme, sondern deren gesamtes Online-Angebot für
die eigene Vermarktung "ausschlachte". Das Handeln der Beklagte berge
die Gefahr in sich, dass die Klägerin um die Früchte ihrer Arbeit gebracht
werde, weil Interessenten direkt das Angebot der Beklagten im Internet abfragen
und somit aufgrund gesunkener Nutzungszahlen die Klägerin auch sinkende
Werbeeinnahmen zu verzeichnen habe, die grundlegend für die Finanzierung des
Angebots der Klägerin seien. Hinzu käme, dass die Beklagte das vollständige
Angebot der Klägerin zeitnah mit nur ganz unwesentlicher Verspätung übernehme
und dabei so vorgehe, dass der Klägerin weitere Werbeeinnahmen entgehen, da die
Beklagte nämlich beim Abrufen des Berichts nicht auf die Startseite der Klägerin,
sondern direkt auf die Seite des betroffenen Berichts verlinke, mit der Folge,
dass der Abrufer nicht zugunsten der Klägerin gezählt werde und somit der Klägerin
geringere Nutzungszahlen zukommen, welche das entscheidende Kriterium für die
Bemessung von Werbeentgelten seien. Das Internet-Angebot der Klägerin
finanziere sich aber gerade aus Einnahmen solcher "Banner''-Werbung.
Die Klägerin beantragt, der Beklagten wird es unter Androhung eines
Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs
Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, Ordnungshaft zu vollziehen an
ihren Geschäftsführer, zu untersagen, redaktionelle Beiträge, die unter der
Adresse www.sueddeutsche.de im Internet abrufbar sind, im Rahmen eines eigenen
entgeltlichen Internetangebots aufgrund von Suchaufträgen nach bestimmten
Stichworten zu durchsuchen und Dritten zu ermöglichen, die zu solchen Suchaufträgen
gefundenen Beiträge online aufzurufen, durch Anklicken eines vom Beklagten übermittelten
Links, und/ oder durch Angabe der Seitenadresse des Beitrags im Internet.
Die Beklagte beantragt, die Klage wird abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor: Der Klägerin stünden keine Unterlassungsansprüche
zu. Die Beklagte übernehme nicht jegliche Artikel aus der Süddeutsche Zeitung,
die zu den Suchbegriffen der Nutzer passen, und leite diese weiter, sondern sie
durchsuche u.a. das Online-Angebot der Klägerin auf die von Kunden vorgegebenen
Suchbegriffe und teile dann den Kunden mit Hilfe eines Links die Fundstelle mit.
Der Kunde erhalte also nicht den gefundenen Artikel, sondern nur den Link und könne
direkt auf die Domain der Klägerin geleitet werden. Die Beklagte stelle somit
ihren Kunden nicht die Artikel, sondern nur die Fundstellen zur Verfügung.
Somit mache sie sich auch nicht die Texte der Klägerin als eigene zu eigen.
Eine gewerbliche Verwertung der Artikel' der Klägerin erfolge nicht. Des
weiteren füge sie der Klägerin keinen Schaden zu, sondern führe der Klägerin
gerade interessierte Leser zu. Außerdem speichere die Beklagte' nicht die
Artikel der Klägerin und betreibe auch keine Datenbank, denn die Beklagte habe
die Seiten der Klägerin nicht auf ihrem Server gespeichert.
Sollte ein von der Beklagten weitergeleiteter Kunde tatsächlich nicht zugunsten
der Klägerin im Internet gezählt werden, so wäre dies ein technisches Problem
auf Seiten der Klägerin, das mit geringem Aufwand lösbar sei durch ein
einfaches Auswertungsprogramm, das anhand der Server-Logs feststellt, welche
Seite wie oft abgerufen wurde. Diese Auswertungsprogramme seien zwischenseitlich
allgemein üblich, Eine Urheberrechtsverletzung gemäß §§ 16, 17, 87 b UrhG
liege nicht vor, da einzelne Sätze oder Satzfragmente schon gar nicht schutzfähig
seien. Dies gelte auch hinsichtlich des Vervielfältigungsrechts einer
Datenbank, wenn man eine solche annähme. Es werde seitens der Beklagten weder
eine Vervielfältigung eines wesentlichen Teils einer Datenbank noch eine dem
gleichstehende wiederholt und systematisch erfolgte Vervielfältigung von
unwesentlichen Teilen vorgenommen.
Eine unzulässige Bearbeitung der Artikel der Klägerin erfolge nicht, da deren
Inhalt nicht verändert werde, sondern aus ihm lediglich zum Zwecke des
Hinweises auf ihren Inhalt zitiert werde. Auch bezüglich des "deep
link" liege keine Bearbeitung vor, da der ins Netz gestellte Beitrag nicht
verändert, sondern nur auf andere Weise als von der Klägerin gewünscht
angesteuert werde. Auch wenn das Aufrufen der Website und die Speicherung auf
dem Arbeitsspeicher eine Vervielfältigung gemäß §§ 16 oder 87-b UrhG sei,
so wäre diese nach § 53 Abs.2 Ziff. 4 a 2 Alt, UrhG zulässig, da der Nutzer
die Vervielfältigung der Beiträge zum eigenen Gebrauch verwende und diese
gestattet sei. Der Umstand, dass der Nutzer durch den "deep link" an
der Werbung auf der Homepage der Klägerin vorbeigeleitet werde, verstoße nicht
gegen das Wettbewerbsrecht, da die Klägerin in der Lage sei, die Werbung auf
die betreffenden Websites EU verlagern, um so einer Umgehung entgegenzuwirken.
Im übrigen bekomme der Nutzer auch bei Navigation im Wege des "deep
link" die von der Klägerin geschaltete Werbung zu sehen, so dass der Klägerin
keine Werbeeinnahmen entgingen. Außerdem verwerte die Beklagte die Artikel der
Klägerin nicht gewerblich, da ihre kostenpflichtige Dienstleistung darin
bestehe, Kunden die jeweils relevanten Fundstellen mitzuteilen. Da die Klägerin
ihr Angebot kostenlos ins Internet stelle und somit jeder Interessierte hierauf
rechtmäßig zugreifen könne, erfolge die Nutzung des Internetangebotes der Klägerin
durch Kunden der Beklagten rechtmäßig, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt
eine Störerhaftung der Beklagten ausscheide. Zur Ergänzung des Tatbestandes
wird auf sämtliche zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst
Anlagen und auf das Sitzungsprotokoll vom 23.1.2002 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage erwies sich als unbegründet.
I. Der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt der geltend
gemachte Unterlassungsanspruch zu.
A. Ein Unterlassungsanspruch aus §§ 97 Abs. 1, 16, 17, 23 UrhG ist nicht
gegeben, da die Beklagte die Artikel weder unfrei bearbeitet noch rechtswidrig
vervielfältigt und/ oder verbreitet.
Die Beklagte greift nicht die Verletzung ihrer Rechte an konkreten Werken an,
sondern will eine Dienstleistung der Beklagten verboten wissen.
Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der ausschließlichen Nutzungsrechte der
Klägerin an den Artikeln könnte ein Unterlassungsanspruch der gesamten
Dienstleistung der Beklagten nur dann gerechtfertigt sein, wenn ungeachtet des
Inhaltes der einzelnen Artikel und der einzelnen von der Beklagten erstellten
Kundeninformationen stets von einer Urheberrechtsverletzung auszugehen wäre.
1. Der Anspruch scheitert bereits daran, dass sämtlichen von der Klägerin ins
Internet gestellten redaktionellen Artikeln - ohne Kenntnis des jeweiligen
Inhaltes - per se ungeachtet der geringen Voraussetzungen der Schöpfungshöhe
bei Sprachwerken die erforderliche Schöpfungshöhe nicht zugesprochen werden
kann.
Es kann zwar grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Artikel als
Sprachwerke nach § 2 Abs. 1 UrhG schutzfähig sind und die Klägerin Inhaberin
der zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen erforderlichen Rechte ist.
Es sind aber durchaus Konstellationen denkbar, bei denen es sich anders verhält,
z.B. wenn ein Agenturartikel unverändert übernommen wird oder Beiträge
anderer Zeitungen oder Medien zitiert oder teilweise übernommen werden
(vorbekannter Formenschatz, kein ausschließliches Nutzungsrecht).
2. Der auf § 97 Abs. 1, 2 UrhG gestützte Unterlassungsanspruch scheitert
daran, dass nicht pauschal festgestellt werden kann, dass die Zeitungsartikel
von der Beklagten unfrei i.S.v. § 23 UrhG bearbeitet und/oder umgestaltet
werden sowie eine rechtswidrige Vervielfältigung und/ oder Verbreitung erfolgt.
a) Eine unfreie Bearbeitung i.S.v. § 23 UrhG liegt nur dann vor, wenn die übernommenen
Teile eine persönlich geistige Schöpfung darstellen (vgl. Schricker/Loewenheim,
Urheberrecht, 2. Aufl., § 23 Rz. 12).
Die Fundstellen (Deep-Links) sind nicht Bestandteile der Artikel und weisen
keinerlei Werkqualität auf.
Es mag sein, dass in Ausnahmefällen der Artikelüberschrift ein eigenschöpferischer
Gehalt zuzusprechen ist und die Kurzzusammenfassung eines Beitrages eine unfreie
Bearbeitung darstellt. Dies ist jedoch eine Frage des Einzelfalls und kann dann
allenfalls zu einem Verbot der konkreten Übernahme führen, nicht aber zu einem
Verbot des gesamten Dienstleistungsangebots der Beklagten.
b) Die Beklagte vervielfältigt die Artikel zumindest nicht rechtswidrig.
(1) Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Beklagte bei der Durchsuchung
des Online-Angebotes der Klägerin die gesamten Texte in einer Form auf ihren
Computern speichert oder zwischenspeichert, so dass sich die Frage einer
Vervielfältigung der vollständigen Artikel durch Speicherung auf einem Datenträger
nicht stellt (vgl. Schricker/ Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 16 Rz. 17,
19 ).
(2) Es ist davon auszugehen, dass eine Speicherung der Informationen, die an die
Kunden übermittelt werden, auf einem Datenträger der Beklagten erfolgt.
Eine Vervielfältigung nach § 16 Abs. 1 UrhG kann ohne Kenntnis des vervielfältigten
Artikels und der übernommenen Teile, nicht festgestellt werden.
Auch wenn die Vervielfältigung von Teilen eines Werks, selbst kleinster Teile
unter § 16 UrhG fällt, liegt eine Urheberrechtsverletzung nur dann vor, wenn
der vervielfältigte Teil urheberrechtlich geschützt ist. Soweit schutzunfähige
Teile eines Werks vervielfältigt werden, besteht das Verbotsrecht aus § 16
UrhG nicht (vgl. Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 16 Rz. 14).
Wie bereits oben ausgeführt, stellt die Übernahme der Fundstelle keine und die
der Artikelüberschrift bzw. ersten Zellen i.d.R. keine urheberrechtsfähige
Leistung dar.
c) Eine rechtswidrige Verbreitung i.S.v. § 17 UrhG ist nicht gegeben.
Es kann dahingestellt bleiben, ob das Abrufen von elektronisch gespeicherten
Informationen eine Verbreitung nach § 17 UrhG darstellen kann (vgl. dazu
Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 17 Rz. 5), da auch § 17 UrhG
voraussetzt, dass schutzfähige Bestandteile des Werkes vertrieben werden. Es
kann im Übrigen auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
3. Der Beklagten kann eine rechtswidrige Vervielfältigung auch nicht als Mitstörerin
zugerechnet werden.
Dies würde voraussetzen, dass die Kunden der Beklagten die ihnen übermittelte
Internetadresse tatsächlich aufrufen und diese Anwahl, die mit einer
Speicherung der Artikel auf ihren Computern verbunden ist, eine rechtswidrige
Vervielfältigung darstellt.
a) Es ist zunächst fraglich, ob die Variante, dass die Beklagte die Rechte der
Klägerin noch nicht durch das Durchsuchen des Internetangebotes der Klägerin
und der Übermittlung der Deep-Links an die Kunden verletzt, sondern eine
Rechtsverletzung erst durch eine Anwahl der Internetseite und einer Speicherung
des Artikels auf den Kundencomputern erfolgt, ein vollständiges Verbot der
angebotenen Dienstleistung rechtfertigen könnte.
b) Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob eine Zwischenspeicherung
der zur Wiedergabe eines Artikels erforderlichen Daten auf dem Monitor bereits
eine Vervielfältigung i.S.v. § 16 UrhG darstellt (vgl. Schricker/ Loewenheim,
Urheberrecht, 2. Aufl., § 16 Rz. 22 m.w.N.). Selbst wenn das Abrufen eines
Artikels aus dem Online-Angebot der Klägerin durch einen Kunden der Beklagten
eine Vervielfältigung darstellen sollte, wäre diese nicht rechtswidrig.
Nach Auffassung der Kammer kann das Abrufen einer Internetseite grundsätzlich
keine rechtswidrige Vervielfältigung darstellen. Derjenige, der Informationen
ins Internet stellt, verfolgt das Ziel, dass Dritte die Seite aufrufen und zur
Kenntnis nehmen. Anderenfalls wäre ein Internet-Auftritt unsinnig. Daraus
folgt, dass derjenige, der urheberrechtsfähige Inhalte in das Datennetz
einbringt, damit gegenüber jedermann seine Zustimmung erklärt, die Seiten
aufzurufen und ganz gleich zu welchem Zweck zu betrachten (vgl. Schricker/Loewenheim,
Urheberrecht, 2. Aufl., § 16 Rz. 24). Eines Rückgriffes auf die Vorschrift des
§ 53 UrhG bedarf es daher nicht, solange lediglich eine Zwischenspeicherung in
Rede steht.
Ob die Kunden der Beklagten dann, wenn sie die Beiträge dauerhaft speichern
und/oder ausdrucken, eine rechtswidrige Vervielfältigung vornehmen oder ihnen
die Privilegierung nach § 53 UrhG zugute kommen kann, ist eine Frage des
Einzelfalls und kann den begehrten Verbotsumfang nicht rechtfertigen.
B. Ein Unterlassungsanspruch nach den §§ 97, 87a, 87b UrhG ist nicht gegeben,
da keine rechtswidrige Vervielfältigung der Internetseiten der Klägerin
erfolgt.
Es kann zunächst unterstellt werden, dass das Online-Angebot der Klägerin als
Datenbank schutzfähig ist.
Ein Unterlassungsanspruch scheitert aber daran, dass seitens der Beklagten keine
wesentlichen Bestandteile der Datenbank entnommen werden und keine systematische
Entnahme von unwesentlichen Teilen der Datenbank erfolgt.
1. Nach Auffassung der Kammer scheidet eine wesentliche Entnahme von Teilen der
Datenbank bereits deshalb aus, da die Beklagte nicht den gesamten Artikel der
Datenbank entnimmt, sondern lediglich die für den Abruf der Artikel
erforderliche Internetadresse und nur eine inhaltliche Zusammenfassung erstellt
bzw. einige Sätze aus dem Artikel entnimmt.
Die Fundstelle (Deep-Link) der jeweiligen Artikel stellt keinen wesentlichen
Inhalt der Datenbank dar.
Eine allgemein verbindliche Definition des Wesentlichkeitsbegriffs gibt es
nicht. Von Bedeutung sind unter dem Blickwinkel des Investitionsschutzes die
Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Art und der Umfang der Datenbank,
ihr Verhältnis zum jeweils entnommenen Teil, die Qualität des entnommenen
Teils zur Qualität der Datenbank insgesamt sowie der wirtschaftliche Wert der
entnommenen Teile (vgl. Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 87b Rz.
9).
Die Entnahme der Überschriften von einigen Artikeln sowie ihrer Fundstellen aus
der Datenbank erfüllt nicht das Wesentlichkeitskriterium. Sofern man einen
einer Tageszeitung nachempfundenen Internet-Auftritt als Datenbank bewertet,
stellen den wesentlichen und wirtschaftlich bedeutenden Teil der Inhalt der
einzelnen Artikel, des Layouts und die Anordnung der Beiträge dar, jedoch nicht
die Überschrift, die Fundstelle (Deep-Link) und ggf. eine Kurzzusammenfassung.
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Fundstellen einen
bedeutsamen wirtschaftlichen Wert der Datenbank darstellen. Der unmittelbare
wirtschaftliche Wert der Fundstellen ist nicht ersichtlich. Der Umstand, dass möglicherweise
eine Direktanwahl der Artikelseiten unter Umgehung werbestarker Seiten möglich
ist, ist allein dadurch bedingt, dass die Klägerin eine entsprechende Möglichkeit
geschaffen hat. Des Weiteren ist es auch nicht zwingend, dass der Klägerin bei
einer Direktanwahl der Seiten Werbeeinkünfte entgehen, da nicht ohne weiteres
unterstellt werden kann, dass die Kunden der Beklagten ohne Mitteilung des so
genannten »Deep-Link« die Hauptseiten des Internet-Auftritts der Klägerin überhaupt
anwählen würden.
2. Eine systematische Entnahme von unwesentlichen Teilen der Datenbank kommt
bereits deshalb nicht in Betracht, da selbst wenn die Beklagte mehrfach und
aufgrund einer Vielzahl von Stichworten die Datenbank der Klägerin durchsucht,
allenfalls pro Überprüfungstag ein unwesentlicher Teil der Datenbank von der
Beklagten entnommen wird. Im Übrigen laufen die Auswertungshandlungen der
Beklagten nicht einer normalen Auswertung der Datenbank zuwider und beeinträchtigen
die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers nicht unzumutbar.
a) Die unwesentlichen Entnahmen von Teilen einer Datenbank müssen in ihrer
Summe das Ausmaß der Nutzung eines wesentlichen Teils der Datenbank erreichen
(vgl. Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 87b Rz. 22).
Der Tatbestand der systematischen unwesentlichen Entnahme setzt weiter voraus,
dass es sich um dieselbe Datenbank handelt. Sofern eine neue Datenbank i.S.v. §
87a UrhG vorliegt, kann nach Ansicht der Kammer eine Addition der entnommenen
Teile nicht mehr erfolgen.
Selbst wenn man der Auffassung beitritt, dass der Online-Auftritt einer
Tageszeitung, der zumindest tagesaktuelle Veränderungen erfährt,
Datenbankschutz genießt, kann nicht daraus gefolgert werden, dass die Datenbank
über Tage hinaus als einheitliche Datenbank eingestuft werden kann, sondern
vielmehr ist davon auszugehen, dass zumindest täglich eine neue Datenbank
i.S.v. § 87a Abs. 1 UrhG erstellt wird und eine Addition von tageweisen
Auswertungen der Beiträge des Online-Dienstes nicht den Tatbestand der
systematischen Auswertung einer Datenbank erfüllen kann.
b) Selbst wenn eine systematische Auswertung unwesentlicher Teile des
Internetdienstes der Klägerin durch die Beklagte erfolgen sollte, liefe dies
nicht einer normalen Auswertung zuwider.
Ebenso wie eine Tageszeitung liefert der Internetauftritt der Klägerin einen
Beitrag zur Information der Allgemeinheit und will auch Einfluss auf die
Meinungsbildung der Öffentlichkeit durch Kommentare und Berichte nehmen. Neben
der Werbung für das Printmedium dient der Internetauftritt auch einer weiteren
Verbreitung der bereits im Printmedium erschienenen Beiträge.
Die Auswertung eines der Information und Meinungsbildung dienenden Mediums auch
durch kommerzielle Dienste auf ihre Kunden interessierende Informationen und
Meinungsbeiträge hin stellt eine normale Auswertungsform dar. Diese Auswertung
des Informationsangebotes durch Dienste wie die Beklagte ist in einer
Informationsgesellschaft notwendig, um Unternehmen, Gewerbetreibende,
Freiberufler etc., die einerseits auf Informationen angewiesen sind, anderseits
aber angesichts der Fülle der Informationsquellen nicht in der Lage sind, die für
sie relevanten Informationen zu sichten, den Zugang zu möglichst vielen sie
interessierenden Nachrichten zu ermöglichen.
Daher kann auch der Umstand, dass die Auswertung durch ein kommerzielles
Unternehmen erfolgt, keine »nicht normale« Ausweitung der Datenbank
darstellen.
c) Die Mitteilung der Fundstelle, die den Kunden der Beklagten eine Direktanwahl
ermöglicht, alleine stellt keine unzumutbare Belastung für die Klägerin dar,
da sie möglichen Nachteilen entgegenwirken kann, indem sie auch auf den
Artikelseiten Werbung schaltet oder eine Direktanwahl ausschließt. Des Weiteren
ist auch zweifelhaft, ob der Klägerin bei einer Direktanwahl von Seiten überhaupt
nennenswerte Werbeeinkünfte entgehen.
3. Sofern Kunden der Beklagten aufgrund der Mitteilung Seiten der Klägerin
abrufen, liegt weder eine wesentliche noch eine systematische unwesentliche
Vervielfältigung vor. Eine Mitstörerhaftung der Beklagten für eine etwaige
Rechtsverletzung durch ihre Kunden scheidet daher aus.
C. Ein Anspruch nach § 1 UWG unter dem Gesichtspunkte der Übernahme fremder
Leistung ist nicht gegeben.
Ein Anspruch ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Nachahmung bzw. Übernahme
fremder Leistungen gegeben.
Die Nachahmung bzw. Übernahme einer fremden Leistung kann nur unter besonderen
die Wettbewerbswidrigkeit begründenden Umständen wettbewerbswidrig sein.
Grundsätzlich ist das Nachahmen eines nicht oder nicht mehr unter
Sonderrechtsschutz stehenden Arbeitsergebnisses nicht unlauter (vgl. Baumbach/Hefermehl,
Wettbewerbsrecht, 21. Aufl., § 1 UWG Rz. 439,440). Nach der Rechtsprechung des
BGH setzt der wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz voraus, dass neben der Übernahme
einer fremden wettbewerblich eigenartigen Leistung noch besondere
wettbewerbliche Umstände hinzutreten. Da der wettbewerbsrechtliche
Leistungsschutz die Wertung des Sonderschutzes hinzunehmen hat, muss es sich um
Umstände handeln, die außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestands liegen und
das Vorgehen des Nachahmers unlauter erscheinen lassen (BGH v. 8.11.1984 - I ZR
128/82, MDR 1985, 735 = GRUR 1985, 876 [877] - Tchibo/Rolex 1; v. 22.6.1995 - I
ZR 119/93, MDR 1995, 1229 = GRUR 1995, 581 [583] - Silberdistel).
Nach Ansicht der Kammer handelt es sich bei dem Dienst der Beklagten um einen
Recherche- und Informationsdienst, der der interessierten Öffentlichkeit, ohne
urheberrechtlichen Schutz zu tangieren, eine Art Internetpressespiegel erstellt.
Angesichts der Bedeutung solcher Informationsdienste in einer
Informationsgesellschaft ist nach Auffassung der Kammer, sofern keine
urheberrechtlichen Belange berührt werden, äußerste Zurückhaltung geboten,
solchen Diensten unter dem wettbewerbsrechtlichen. Gesichtspunkt der Übernahme
fremder Leistung die Grundlagen zur Erbringung ihrer Leistungen zu entziehen
(vgl. auch BGH v. 16.1.1997 - I ZR 38/96, MDR 1997, 871 = GRUR 1997; 464 -
CB-infobank).
1. Die Kammer ist zunächst der Auffassung, dass es bereits an der Voraussetzung
der Übernahme einer fremden Leistung fehlt.
Die Beklagte erbringt eine eigene Leistung, indem sie für ihre Kunden anhand
vorgegebener Begriffe eine Art Internet-Pressespiegel mit Angaben der
Fundstellen dazu erstellt. Dies stellt eine originäre eigene Leistung dar, die
wie viele andere Dienstleistungen im Wirtschaftsleben und im Grunde genommen
jede Dokumentation auf Leistungen anderer aufbaut. Es verhält sich aber nicht
so, dass die Beklagte Leistungen der Klägerin als eigene Leistungen ausgibt,
sondern die Beklagte dokumentiert Leistungen anderer und ermöglicht ihren
Kunden den Zugriff auf die Leistungen anderer nach jeweils von den
Internetanbietern geschaffenen Möglichkeiten.
Wie bereits oben ausgeführt, bietet die Klägerin eine in einer
lnformationsgesellschaft erforderliche Dienstleistung an, die ihren Kunden eine
Partizipation an der Informationsfülle im Internet ermöglicht. Die Mittelung
der Fundstelle (Deep-Link) ist notwendiger Bestandteil einer fachgerechten
Dokumentation bzw. eines Pressespiegels.
2. Selbst wenn man in der Mitteilung der Fundstellen eine Übernahme fremder
Leistungen sehen sollte, würde es weiter an dem erforderlichen
Unlauterkeitumstand fehlen. Die Kunden der Beklagten profitieren bei Mitteilung
des Deep-Link lediglich davon, dass es bei dem Internetdienst der Klägerin möglich
ist, bei Kenntnis der Adresse die Artikel direkt anzuwählen.
Die Kammer vermag in dem Umstand, dass die Kunden der Beklagten von dieser von
der Klägerin geschaffenen Möglichkeit profitieren, keine Unlauterkeit zu
sehen. Die Beklagte und die Kunden der Beklagten nutzen lediglich eine von der
Klägerin geschaffene Zugriffsmöglichkeit auf ihre Seiten. Es steht der Klägerin
frei, die Nutzung ihres Dienstes anders zu regeln.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf den § 709 ZPO.