Verantwortlichkeit eines
Anbieters für Links nach dem TDG
Schleswig-Holsteinisches
Oberlandesgericht
Urteil vom 19.12.2000 - 6 U 51/00
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes
wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat
keinen Erfolg.
1. Die Klägerin hat keinen
Anspruch auf Unterlassung des angegriffenen Verhaltens des Beklagten aus dem
Markengesetz. Wesentliche Voraussetzung für den Anspruch ist die Benutzung der
Marke im geschäftlichen Verkehr. Ein Handeln im Verkehr ist jede
wirtschaftliche Tätigkeit auf dem Markt, die der Förderung eigener oder
fremder Geschäftszwecke zu dienen bestimmt ist. Da der Begriff weit auszulegen
ist, wird jede selbstständige, wirtschaftliche Zwecke verfolgende Tätigkeit,
in der die Teilnahme am Erwerbsleben zum Ausdruck kommt, erfasst. Private Tätigkeiten
scheiden also aus (Fezer, Markenrecht, 2. Auflage, § 14, RdNr. 40-42).
Für die Beurteilung der aufgeworfenen Frage ist auf die Umstände des
Einzelfalles abzustellen. Diese sprechen hier gegen die Annahme, der Beklagte
habe die Marke im geschäftlichen Verkehr verwendet.
Da er die Wortmarke nicht zur Kennzeichnung seiner Internetseite verwendet hat,
kommt es für die Bestimmung, ob ein Handeln im geschäftlichen Verkehr
vorliegt, auf den Inhalt seiner Homepage an. Diese lässt ein auf die Förderung
eigener oder fremder Geschäftszwecke gerichtetes Handeln nicht erkennen.
Die Homepage enthält verschiedene Rubriken, unter denen sich auch die Rubrik
"Fundgrube" befindet. Dort wird unter der Überschrift
"Geschichten" auch die Geschichte der Kleinen Leute von Swabedoo
aufgeführt. Durch Anklicken gelangt der Nutzer zu dieser Geschichte, die er
lesen und herunterladen kann. Da der Beklagte dafür kein Entgelt verlangt, ist
daraus für eine Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr nichts herzuleiten.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Tatsache, dass die Homepage des Beklagten
verschiedene Links (Verweisungen) auf die Seiten anderer Internetanbieter enthält,
die geschäftliche Zwecke verfolgen. Dadurch hat der Beklagte die Wortmarke
Swabedoo nicht im Sinne von § 14 Abs. 2 Abs. 3 MarkenG benutzt. Denn die
Verweisungsadressen enthalten diese Wortmarke nicht. Der Nutzer greift bei
Verwendung der Links außerdem auf Datenbestände anderer Anbieter zu, die weder
die Wortmarke noch die Geschichte der Kleinen Leute von Swabedoo enthalten.
Die Klägerin ist jedoch der Auffassung, dass der Beklagte mit der Veröffentlichung
der Geschichte das Interesse der Nutzer seiner Homepage für die Seiten der
Anbieter, auf die verwiesen wird und die geschäftlichen Zwecken dienen, wecken
will und weckt. Dadurch, so die Auffassung der Klägerin, fördere er die geschäftlichen
Zwecke dieser Anbieter und damit auch eigene geschäftliche Zwecke, da er davon
wirtschaftliche Vorteile habe.
Dieser Auffassung folgt der Senat nicht. Die geschäftliche Tätigkeit der
Anbieter, auf deren Seiten verwiesen wird, würde der Beklagte nämlich nur fördern,
wenn er sich die Inhalte dieser Seiten für seine eigene Homepage zu eigen
gemacht hätte, diese also inhaltlich Teile seiner Homepage wären.
Voraussetzung für die Zurechnung des Inhaltes fremder Internetseiten ist, dass
eine Verantwortlichkeit des Verweisenden nach § 5 des Gesetzes über die
Nutzung von Telediensten (TDG) besteht. Das Gesetz regelt gesondert die
Verantwortlichkeit eines Anbieters für Informationsinhalte, die über
Informations- und Kommunikationsdienste zur Verfügung gestellt werden. Nach §
5 Abs. 3 TDG ist eine Verantwortlichkeit für fremde Inhalte ausgeschlossen,
wenn der Anbieter lediglich den Zugang zu deren Nutzung vermittelt (Landgericht
Lübeck CR 99, S. 650; Koch, NJW-COR 1998, S. 45 [48]). Eine Verantwortlichkeit
für fremde Inhalte ist dagegen gegeben, wenn zusätzliche Umstände vorliegen,
die verdeutlichen, dass sich der Anbieter die Inhalte der anderen Seiten geistig
zu eigen machen will (Bettinger/Freytag, CR 98, S. 545 [548]; LG Hamburg CR
1998, S. 656 [566]; Kloos, Anmerkung zum Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main,
CR 1999 S. 46 [47]).
Eine Verantwortlichkeit des Beklagten kann unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe
nicht festgestellt werden.
a) Der Senat geht mangels
anderweitigen Vortrages der Klägerin davon aus, dass es sich bei den vom
Beklagten installierten Links um "normale Links" handelt. Das
bedeutet, dass auf der Webseite des Beklagten die Adresse eines anderen
Anbieters genannt oder in Form eines icon präsentiert wird, die durch
Doppelklicken aktiviert werden kann. Dadurch wird automatisch die
Internetadresse des Verwiesenen angewählt, dessen Webseite (Homepage) auf dem
Bildschirm erscheint und die dem Nutzer - im Gegensatz zum deep-link - auch zu
erkennen gibt, daß er sich nun auf der Seite eines anderen Anbieters befindet
(vgl. Kochinke/Tröndle, CR 99. S. 190 [191]; vgl. zu diesem Kriterium auch die
Anmerkung Kloos a.a.O., S. 47). Dem Nutzer ist also bewußt, dass er durch
Verwendung des Links die Homepage des Beklagten verlässt und eine andere Seite
aufsucht. Das wird ihm auch dadurch verdeutlicht, dass die verwiesene Seite
einen eigenen Domainnamen zeigt, der mit dem des Beklagten (p...b... .de) nichts
gemeinsam hat (vgl. Landgericht Lübeck CR 99 S. 650 [651]). Der Eindruck einer
inhaltlichen oder unternehmerischen Verbundenheit kann daher nicht entstehen.
b) Der Beklagte hat auf die
Gestaltung der verwiesenen Seiten keinen Einfluss (vgl. Bettinger/Freytag, CR
98, S. 550). Etwas anderes ist jedenfalls nicht dargelegt worden.
c) Es erfolgt auch keine inhaltliche Einbettung der Aussage fremder Seiten in
das Angebot und den Inhalt der Webseite des Beklagten. Diese wird nicht durch
die Inhalte fremder Seiten vervollständigt (vgl. Landgericht Lübeck CR 99 S.
651). Die Homepage des Beklagten könnte vielmehr auch ohne die Verweisungen als
vollständig angesehen werden.
d) Für die Abgrenzung von Inhalten anderer Internetseiten, auf die verwiesen
wird, ist außerdem die Kommentierung der Verweisung zu beachten (Kloos a. a. O.
S. 47; LG Hamburg, Urteil vom 12. Mai 1998 CR 98, S. 565 [(566]). Auch das steht
hier der Annahme entgegen, der Beklagte habe sich die Seiten zu eigen machen
wollen. Denn seine Homepage enthält unter Hinweis auf die genannte Entscheidung
des Landgerichts Hamburg vom 12. Mai 1998 die ausdrückliche Erklärung, daß er
sich von den Inhalten der Seiten, auf die er per Link verweise, distanziere
(vgl. Bl. 51 d.A.).
e) Mit Hilfe der Verweisung auf andere, wirtschaftlichen Zwecken dienende
Internetseiten greift der Nutzer im Übrigen nicht auf den Datenbestand des
Verweisenden, sondern den des Anbieters zu, auf dessen Seite verwiesen wird.
Selbst wenn dieser Anbieter markenrechtlich geschützte Waren im Wege des
download anbietet, stellt die Eröffnung der Möglichkeit, auf diese Homepage
und damit auf die geschützte Ware zugreifen zu können, daher keine
Markenrechtsverletzung des verweisenden Homepageinhabers dar (LG München CR 99
S. 592 [593]). Etwas anderes kann nur gelten, wenn zwischen dem Verweisenden und
dem Anbieter, auf den verwiesen wird, eine wirtschaftliche Verbindung besteht
und der Verweisende aus der Verweisung wirtschaftliche Vorteile zieht.
Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Anbieter, die von der Homepage
des Beklagten zu erreichen sind, bieten das markenrechtlich geschützte Produkt
der Klägerin nicht an. Und es bestehen auch keine wirtschaftlichen
Verbindungen, aus denen der Beklagte wirtschaftliche Vorteile zieht. Die Klägerin
hat das zwar pauschal behauptet. Sie hat für ihre Behauptung jedoch keinen
Beweis angetreten. Da sie für das Tatbestandsmerkmal der Benutzung der Marke
"im geschäftlichen Verkehr" die Darlegungs- und Beweislast hat, ist
sie insoweit beweisfällig geblieben.
Der streitige Umstand kann auch nicht aufgrund von Hilfstatsachen (Indizien)
festgestellt werden. Die Hereinnahme von Verweisungen auf andere Anbieter, die
geschäftlich tätig sind, lässt für sich alleine nicht den Schluss darauf zu,
der Beklagte müsse davon wirtschaftlich profitieren. Weitere Umstände, die
einen solchen Schluss rechtfertigen könnten, gibt es nicht. Der Beklagte ist
bei der Firma S... beschäftigt und erzielt daraus ein überdurchschnittliches
monatliches Einkommen. Ausweislich des von ihm vorgelegten
Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 1998 hatte er in jenem Jahr keine
weiteren Einkünfte. Die Unterhaltung der Homepage kostet ihn - was unstreitig
ist - pro Jahre 58 DM Grundgebühr und die jeweiligen Telefonkosten für die
Verbindung zur Homepage. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen
werden, dass er aus dem Betrieb seiner Homepage Einnahmen erzielt oder dass er
auf solche Einnahmen angewiesen ist.
Die von ihm über die Homepage verbreiteten Inhalte lassen eine solche
Zielsetzung auch nicht erkennen. Denn die Darstellung seines Lebenslaufes sowie
dessen, "was er mag und was er nicht mag", weist darauf hin, dass es
ihm nur um die Verbreitung seiner privaten Ansichten geht.
Soweit der Beklagte in der Vergangenheit die von ihm angebotene software gegen
ein geringes Benutzungsentgelt abgegeben hat (shareware), ist das noch vor dem
hier angegriffenen Verstoß geändert worden. Der Beklagte gibt die software als
freeware ab (Bl. 61 d.A.). Auch insoweit erzielt er also keine Einnahmen.
Der Aufruf, die Aktion gegen Markengrabbing zu unterstützen, sowie die Nennung
der Sponsoren, die die Aktion bisher unterstützt haben, dient ebenfalls nicht
dem Ziel, dem Beklagten Einnahmen zu verschaffen. Denn der Aufruf stammt nicht
von ihm, sondern von einem Herrn T... H.... oder H... (vgl. die Anlagen im
Aktendeckel).
Und schließlich bringt dem Beklagten auch die Werbung der Firma E... E... keine
Vorteile, aus denen auf eine Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr geschlossen
werden kann. Denn die Werbung dieser Firma hat der Beklagte nur akzeptiert, um
auf seiner Homepage ein Gästebuch zu privaten Zwecken einrichten zu können,
dessen Erstellung ihm selbst nicht möglich war.
Im Ergebnis kann daher ein Handeln im geschäftlichen Verkehr nicht festgestellt
werden, so dass markenrechtliche Ansprüche ausscheiden.
2. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche
der Klägerin müssen im Hinblick auf die rein private Tätigkeit des Beklagten
ebenfalls scheitern. Denn der im UWG verwendete Begriff "im geschäftlichen
Verkehr" entspricht dem des Markenrechts (Fezer, a.a.O., § 14 RdNr. 40
m.w.N.).
3. Der Klägerin steht schließlich auch kein urheberrechtlicher
Unterlassungsanspruch zu. Schutzfähig kann nur das von ihr geschaffene Werk
sein. Das aber ist nicht die Geschichte der Kleinen Leute von Swabedoo
insgesamt, sondern nur die Bearbeitung durch Frau ... . Dieses Werk hat der
Beklagte aber nicht benutzt. Denn die von ihm veröffentlichte Fassung der
Geschichte weicht von der Bearbeitung erheblich ab. Sie entspricht vielmehr der
bereits 1976 in der Mitarbeiterzeitschrift der Firma S... als
Weihnachtsgeschichte veröffentlichten Fassung. Die Bearbeitung durch Frau ...
erfolgte dagegen erst Anfang der achtziger Jahre, also danach. Auch deshalb
scheidet ein Verstoß gegen das Urheberrecht aus.
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713, 546 Abs.
2 Satz 1 ZPO.