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Schwache Kennzeichnungskraft einer Marke

Landgericht Berlin

Urteil vom 12.12.2000 - 15 O 283/00

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Verwendung des Kennzeichens FTP-Explorer auf ihrer Homepage unter gleichzeitiger Setzung eines Hyperlinks auf die Homepage des amerikanischen Herstellers der Software FTP-Explorer keine Rechte der Beklagten verletzt.

Die Beklagte ist Inhaberin der am 22. September 1995 angemeldeten deutschen Marke Explorer Nr. 39538830, eingetragen für Datenverarbeitungsgeräte und Datenverarbeitungsprogramme.

Die Klägerin ist ein Internet-Service-Provider und bietet als solcher Dritten die Möglichkeit, sich privat oder geschäftlich im Internet zu präsentieren. Ihre Kunden pflegen ihre Internet-Präsenzen überwiegend selbst. Dazu erstellen sie zunächst die für den Internet-Auftritt erforderlichen Dateien und übertragen diese anschließend auf die dauerhaft in das Internet eingebundenen Rechner (Web-Server) der Klägerin. Für diese Daten-Transfer benötigen die Kunden ein sogenanntes FTP-Programm. Diese Software ist in der Lage, die Dateien gemäß dem im Internet gebräuchlichen File Transfer Protocol (FTP), einem technischen Standart für die Datenübermittlung, zu übertragen. FTP-Programme werden von zahlreichen Herstellern größtenteils kostenlos im Internet angeboten. Um ihren Kunden einen Überblick über die gebräuchlichsten Programme zu verschaffen, hielt die Klägerin innerhalb ihrer eigenen Internet-Präsenz eine spezielle Seite mit Informationen zu den einzelnen Software-Produkten bereit. Diese Seite ließ sich durch Eingabe der Internet-Adresse www.speedlink.de/service/toolbox/sl-ftp.htm direkt aufrufen. Die Seite enthielt eine Liste von kurzen Beschreibungen der einzelnen FTP-Programme in alphabetischer Reihenfolge. Unter jeder Beschreibung befand sich ein Hyperlink zur Internet-Präsenz des jeweiligen Herstellers der Software. Durch Anklicken des Links konnte der Nutzer direkt die Web-Präsenz des Herstellers aufrufen, um sich dort näher über das gewählte Produkt zu informieren (K 1). Auf der Internet-Seite der Klägerin befand sich auch eine kurze Beschreibung der Programme FTP-Explorer und FTP-Voyager mit dem aus dem Klageantrag ersichtlichen Inhalt. Die Kurzbeschreibung war mit einem Hyperlink unterlegt, der zur Homepage des amerikanischen Softwareherstellers FTPx Corp., Oklahoma, verwies.

Mit Schreiben vom 13. März 2000 mahnte die Beklagte die Klägerin ab (K 4). Sie forderte die Klägerin mittels vorformulierter Unterlassungserklärung auf, es zu unterlassen, die Kennzeichnung FTP-Explorer im geschäftlichen Verkehr für Software zu benutzen. Hierauf gab die Klägerin am 23. März 2000 die aus der Anlage K 5, auf die Bezug genommen wird, ersichtliche Erklärung ab, welche die Beklagte mit Telefax vom 24. März 2000 annahm (K 6).

Die Klägerin behauptet, sie vertreibe keine Software und beziehe auch keine Einnahmen aus Geschäften, die mit dem Vertrieb von Software im Zusammenhang stehen. Sie ist der Auffassung, nicht zur Unterlassung verpflichtet zu sein. Es mangele bereits am Handeln im geschäftlichen Verkehr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Ihr Handeln fördere weder eigene noch fremde Geschäftszwecke. Die Beschreibung des Computerprogramms FTP-Software und das Setzen eines Hyperlinks auf die Homepage des amerikanischen Softwareherstellers seien keine Benutzungshandlungen im Sinne des § 14 Abs. 2 MarkenG, sondern dienten lediglich der Information, erfolgten also zu journalistisch-redaktionellen Zwecken. Sie meint, Verwechslungsgefahr bestehe nicht, da das Zeichen Explorer der Beklagten allenfalls äußerst geringe Kennzeichnungskraft besäße. Der Begriff Explorer stehe im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung für Computerprogramme, die dafür geeignet sind, bestimmte Datenbestände zugänglich zu machen oder deren einfache Verwaltung zu ermöglichen. Die Verwechslungsgefahr entfalle bereits aufgrund des Zusatzes FTP. Dem stehe auch nicht das von der Beklagten beigebrachte Marktforschungsgutachten (B 5) entgegen. Die Benutzung der Zeichen Internet-Explorer und Windows-Explorer durch die Firma Microsoft habe die Kennzeichnungskraft der Marke Explorer nicht zugunsten der Beklagten gestärkt, da die Firma Microsoft nicht mit Fremdbenutzungswillen handele. Sie meint, der Anspruch der Beklagten sei zudem wegen mangelnder Benutzung des Zeichens gemäß §§ 25, 26 MarkenG ausgeschlossen. Darüber hinaus beruft sie sich auf § 23 Nr. 2 MarkenG.

Sie meint, das Verhalten der Beklagten sei rechtsmissbräuchlich, da ihm kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liege und sie sich damit in Widerspruch zu ihrem Recht aus der Marke setze.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Klägerin auf Unterlassung wegen Verletzung der Marke "Explorer", eingetragen beim Deutschen Patent- und Markenamt Nr. 39538830, in Anspruch zu nehmen, weil die Internet-Präsenz der Klägerin folgenden Text enthält:

"FTP-Explorer- und FTP-Voyager Zwei FTP-Programme, deren Aufbau an die Windows-Explorer erinnern. Beide sind in deutscher Sprache erhältlich und funktionieren via "drag and drop" (sind also daher freundlich zu bedienen). Weder der FTP-Explorer noch der FTP-Voyager kann Permissions setzen.

FTP-Explorer: Shareware für kommerzielle Nutzer, Freeware für den privaten Gebrauch." und unter diesen Text den Hyperlink http://www.ftpx.com/ auf die Seite der Firma FTPx Corp, Oklahoma, USA, platziert.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, der Rechtsstreit habe sich erledigt, da sie gegen die Klägerin Kostenklage erhoben habe, in der am 25. Januar 2001 Termin vor dem Landgericht München I anstehe. Zudem existiere die Ziel-URL nicht mehr. Durch die Abgabe der Unterlassungserklärung mangele es an einem Rechtsschutzbedürfnis für die Klage. Sie meint, dadurch, dass die Benennung FTP-Explorer und der Link im eigenen HTML-Quellcode der Klägerin enthalten seien, handele es sich um eigene Inhalte gemäß § 5 Abs. 1 TeledienstG, die zugleich Kennzeichnungsmittel im Sinne des § 14 Abs. 4 S. 1 MarkenG seien und für die sie als Störer hafte. Außerdem bestehe eine Haftung als Mitstörer.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass es sich bei dem Zeichen Explorer um eine bekannte, wenn nicht berühmte Marke handele. Abs. 10

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I. Das für die negative Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin ist gegeben. Die Beklagte hat sie unter Berühmung eines markenrechtlichen Unterlassungsanspruchs abgemahnt. Die Klägerin hat also ein rechtlich schutzwürdiges Interesse daran, feststellen zu lassen, dass ein Rechtsverhältnis, kraft dessen die Beklagte von ihr die Abgabe einer Unterlassungserklärung verlangen könnte, nicht besteht. Ein Rechtsschutzbedürfnis entfällt auch nicht etwa durch die Abgabe der Unterlassungserklärung vom 23. März 2000, da diese nur bedingt und befristet bis zu einer diesbezüglichen rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung abgegeben worden ist.

Die Erledigungserklärung der Beklagten ist für den Rechtsstreit ohne Belang, da sie nicht in der Lage ist, diesen einseitig für erledigt zu erklären. Eine Erledigung ist auch nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Die Abmahnung wurde nicht zurückgenommen und die Homepage der FTPx Corp. War, wie die Klägerin unwidersprochen dargelegt hat, nur zeitweilig nicht abrufbar.

II. Die zulässige negative Feststellungsklage ist begründet, denn der Beklagten steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Verwendung der Marke Explorer auf ihrer Homepage unter gleichzeitiger Setzung eines Hyperlinks auf die Homepage des amerikanischen Softwareherstellers gemäß §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 4 MarkenG nicht zu.

Gemäß §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 4 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfaßten Waren- oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

Es kann dahinstehen, ob der Anspruch der Beklagten, wie die Klägerin meint, mangels Handelns im geschäftlichen Verkehr scheitert. Offen bleiben kann ferner, ob der Unterlassungsanspruch an einer fehlenden markenmäßigen Benutzung des Zeichens FTP-Explorer scheitert. Denn jedenfalls scheitert der Unterlassungsanspruch der Beklagten an der fehlenden Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr kommt es auf alle Umstände des Einzelfalls an. Insbesondere besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Ähnlichkeitsgrad der Bezeichnung, dem Grad der Warennähe und der Kennzeichnungskraft, so dass der Ähnlichkeitsgrad um so geringer werden kann, je größer die Kennzeichnungskraft und/oder Warennähe ist oder umgekehrt (vgl. BGH WRP 2000, 525, 526; GRUR 1993, 118, 119). Hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese bei dem Durchschnittsverbraucher der jeweils in Frage stehenden Waren hervorrufen (vgl. BGH GRUR 1999,735, 736).

Die Marke Explorer ist von nur geringer Kennzeichnungskraft. Sie leitet sich aus dem englischen Begriff explorer ab, der einen beschreibenden Inhalt hat und mit Kundschafter oder Forscher übersetzt werden kann. Der Begriff Explorer für eine der Durchforschung von Daten dienende Software ist beschreibender Natur. Aus beschreibenden Angaben abgeleitete Bezeichnungen sind aber nur von geringer Kennzeichnungskraft (vgl. BGH GRUR 1995, 808, 810).

Diese schwache Kennzeichnungskraft hat sich auch nicht durch die Benutzung des Zeichens durch die Firma Microsoft gemäß § 26 Abs. 2 MarkenG erhöht. Denn diese nutzt die Marke nicht mit Fremdbenutzungswillen. Von einer zurechenbaren Benutzung im Sinne des § 26 Abs. 2 MarkenG kann aber dann nicht mehr gesprochen werden, wenn es sich um eine gewissermaßen aufgedrängte Zustimmung handelt, bei der Dritte nach außen erkennbar die Marke nicht für den Markeninhaber nutzt ( vgl. Fezer, MarkenG, § 26 Rn. 96).

Die Firma Microsoft hat den Vergleich vor dem OLG München ohne Anerkennung einer Rechtspflicht geschlossen. Sie verweist entgegen ihrer sonstigen Übung in ihren Explorer-Programmen auch nicht auf die Kennzeichenrechte der Beklagten.

Der hohe Bekanntheitsgrad der Produkte der Firma Microsoft ist dementsprechend der Beklagten nicht zuzurechnen, so dass es bei der schwachen Kennzeichnungskraft der Marke bleibt.

Zwischen den von der Klägerin und der Beklagten angebotenen Waren liegt Warenidentität vor.

Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ist auf die Faktoren Zeichenähnlichkeit, Waren-Dienstleistungsähnlichkeit und Kennzeichnungskraft der geltend gemachten Marke abzustellen. Die einzelnen Merkmale stehen zueinander in einer Wechselwirkung. Maßgeblich ist der Gesamteindruck der Kollisionszeichen, den ein verständiger Durchschnittsverbraucher erlangt. Bei der Überprüfung ist zu berücksichtigen, dass das Publikum die Zeichen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und bewußt vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines undeutlichen Erinnerungseindrucks erhält. Hierbei treten die übereinstimmenden Merkmale mehr hervor als die Unterschiede so dass es mehr auf erstere ankommt.

Hinsichtlich des Bestandteils Explorer liegt zwischen der Marke der Beklagten und dem von der Klägerin benutzten Zeichen klangliche und inhaltliche Teilidentität vor. Dem Begriff Explorer kommt ebenso wie der Buchstabenkombination FTP nur schwache Kennzeichnungskraft zu. Demjenigen, der die Bedeutung von FTP kennt, erschließt sich jedoch, dass sich hinter FTP-Explorer eine völlig andere Software verbirgt als beispielsweise hinter Internet-Explorer oder Windows-Explorer. Dementsprechend prägt die Buchstabenkombination FTP den Gesamtbegriff FTP-Explorer mit. Zudem mißt das Publikum Wortanfängen regelmäßig eine erhöhte Bedeutung zu (vgl. BGH GRUR 1996, 200 f.).

Danach wird der Gesamteindruck des Zeichens als kombiniertes Zeichen durch gleichwertige Elemente bestimmt, die beide beschreibende Anlänge enthalten. Kein Element allein ist geeignet, den Gesamteindruck des Kombinationszeichens zu prägen, weshalb bei einer Übereinstimmung des Gesamteindrucks des beanstandeten Zeichen mit nur einem Element des prioritätsälteren Zeichens die zeichen- und markenrechtliche Verwechslungsgefahr hier zu verneinen ist (vgl. dazu BGH GRUR 1998, 942 f.). Da die Bezeichnung Explorer bei der angegriffenen Bezeichnung nicht hervortritt, sind diese Grundsätze auch vorliegend anwendbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

 

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