Die Klägerin begehrt
die Feststellung, dass die Verwendung des Kennzeichens FTP-Explorer auf ihrer
Homepage unter gleichzeitiger Setzung eines Hyperlinks auf die Homepage des
amerikanischen Herstellers der Software FTP-Explorer keine Rechte der Beklagten
verletzt.
Die Beklagte ist
Inhaberin der am 22. September 1995 angemeldeten deutschen Marke Explorer Nr.
39538830, eingetragen für Datenverarbeitungsgeräte und
Datenverarbeitungsprogramme.
Die Klägerin ist ein
Internet-Service-Provider und bietet als solcher Dritten die Möglichkeit, sich
privat oder geschäftlich im Internet zu präsentieren. Ihre Kunden pflegen ihre
Internet-Präsenzen überwiegend selbst. Dazu erstellen sie zunächst die für
den Internet-Auftritt erforderlichen Dateien und übertragen diese anschließend
auf die dauerhaft in das Internet eingebundenen Rechner (Web-Server) der Klägerin.
Für diese Daten-Transfer benötigen die Kunden ein sogenanntes FTP-Programm.
Diese Software ist in der Lage, die Dateien gemäß dem im Internet gebräuchlichen
File Transfer Protocol (FTP), einem technischen Standart für die Datenübermittlung,
zu übertragen. FTP-Programme werden von zahlreichen Herstellern größtenteils
kostenlos im Internet angeboten. Um ihren Kunden einen Überblick über die gebräuchlichsten
Programme zu verschaffen, hielt die Klägerin innerhalb ihrer eigenen
Internet-Präsenz eine spezielle Seite mit Informationen zu den einzelnen
Software-Produkten bereit. Diese Seite ließ sich durch Eingabe der
Internet-Adresse www.speedlink.de/service/toolbox/sl-ftp.htm direkt aufrufen.
Die Seite enthielt eine Liste von kurzen Beschreibungen der einzelnen
FTP-Programme in alphabetischer Reihenfolge. Unter jeder Beschreibung befand
sich ein Hyperlink zur Internet-Präsenz des jeweiligen Herstellers der
Software. Durch Anklicken des Links konnte der Nutzer direkt die Web-Präsenz
des Herstellers aufrufen, um sich dort näher über das gewählte Produkt zu
informieren (K 1). Auf der Internet-Seite der Klägerin befand sich auch eine
kurze Beschreibung der Programme FTP-Explorer und FTP-Voyager mit dem aus dem
Klageantrag ersichtlichen Inhalt. Die Kurzbeschreibung war mit einem Hyperlink
unterlegt, der zur Homepage des amerikanischen Softwareherstellers FTPx Corp.,
Oklahoma, verwies.
Mit Schreiben vom 13. März
2000 mahnte die Beklagte die Klägerin ab (K 4). Sie forderte die Klägerin
mittels vorformulierter Unterlassungserklärung auf, es zu unterlassen, die
Kennzeichnung FTP-Explorer im geschäftlichen Verkehr für Software zu benutzen.
Hierauf gab die Klägerin am 23. März 2000 die aus der Anlage K 5, auf die
Bezug genommen wird, ersichtliche Erklärung ab, welche die Beklagte mit Telefax
vom 24. März 2000 annahm (K 6).
Die Klägerin
behauptet, sie vertreibe keine Software und beziehe auch keine Einnahmen aus
Geschäften, die mit dem Vertrieb von Software im Zusammenhang stehen. Sie ist
der Auffassung, nicht zur Unterlassung verpflichtet zu sein. Es mangele bereits
am Handeln im geschäftlichen Verkehr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
Ihr Handeln fördere weder eigene noch fremde Geschäftszwecke. Die Beschreibung
des Computerprogramms FTP-Software und das Setzen eines Hyperlinks auf die
Homepage des amerikanischen Softwareherstellers seien keine Benutzungshandlungen
im Sinne des § 14 Abs. 2 MarkenG, sondern dienten lediglich der Information,
erfolgten also zu journalistisch-redaktionellen Zwecken. Sie meint,
Verwechslungsgefahr bestehe nicht, da das Zeichen Explorer der Beklagten
allenfalls äußerst geringe Kennzeichnungskraft besäße. Der Begriff Explorer
stehe im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung für Computerprogramme,
die dafür geeignet sind, bestimmte Datenbestände zugänglich zu machen oder
deren einfache Verwaltung zu ermöglichen. Die Verwechslungsgefahr entfalle
bereits aufgrund des Zusatzes FTP. Dem stehe auch nicht das von der Beklagten
beigebrachte Marktforschungsgutachten (B 5) entgegen. Die Benutzung der Zeichen
Internet-Explorer und Windows-Explorer durch die Firma Microsoft habe die
Kennzeichnungskraft der Marke Explorer nicht zugunsten der Beklagten gestärkt,
da die Firma Microsoft nicht mit Fremdbenutzungswillen handele. Sie meint, der
Anspruch der Beklagten sei zudem wegen mangelnder Benutzung des Zeichens gemäß
§§ 25, 26 MarkenG ausgeschlossen. Darüber hinaus beruft sie sich auf § 23
Nr. 2 MarkenG.
Sie meint, das
Verhalten der Beklagten sei rechtsmissbräuchlich, da ihm kein schutzwürdiges
Eigeninteresse zugrunde liege und sie sich damit in Widerspruch zu ihrem Recht
aus der Marke setze.
Die Klägerin
beantragt,
festzustellen, dass die
Beklagte nicht berechtigt ist, die Klägerin auf Unterlassung wegen Verletzung
der Marke "Explorer", eingetragen beim Deutschen Patent- und Markenamt
Nr. 39538830, in Anspruch zu nehmen, weil die Internet-Präsenz der Klägerin
folgenden Text enthält:
"FTP-Explorer- und
FTP-Voyager Zwei FTP-Programme, deren Aufbau an die Windows-Explorer erinnern.
Beide sind in deutscher Sprache erhältlich und funktionieren via "drag and
drop" (sind also daher freundlich zu bedienen). Weder der FTP-Explorer noch
der FTP-Voyager kann Permissions setzen.
FTP-Explorer: Shareware
für kommerzielle Nutzer, Freeware für den privaten Gebrauch." und unter
diesen Text den Hyperlink http://www.ftpx.com/ auf die Seite der Firma FTPx
Corp, Oklahoma, USA, platziert.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, der
Rechtsstreit habe sich erledigt, da sie gegen die Klägerin Kostenklage erhoben
habe, in der am 25. Januar 2001 Termin vor dem Landgericht München I anstehe.
Zudem existiere die Ziel-URL nicht mehr. Durch die Abgabe der Unterlassungserklärung
mangele es an einem Rechtsschutzbedürfnis für die Klage. Sie meint, dadurch,
dass die Benennung FTP-Explorer und der Link im eigenen HTML-Quellcode der Klägerin
enthalten seien, handele es sich um eigene Inhalte gemäß § 5 Abs. 1
TeledienstG, die zugleich Kennzeichnungsmittel im Sinne des § 14 Abs. 4 S. 1
MarkenG seien und für die sie als Störer hafte. Außerdem bestehe eine Haftung
als Mitstörer.
Die Beklagte ist der
Auffassung, dass es sich bei dem Zeichen Explorer um eine bekannte, wenn nicht
berühmte Marke handele. Abs. 10
Wegen der Einzelheiten
des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage
ist begründet.
I. Das für die negative Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO erforderliche
Feststellungsinteresse der Klägerin ist gegeben. Die Beklagte hat sie unter Berühmung
eines markenrechtlichen Unterlassungsanspruchs abgemahnt. Die Klägerin hat also
ein rechtlich schutzwürdiges Interesse daran, feststellen zu lassen, dass ein
Rechtsverhältnis, kraft dessen die Beklagte von ihr die Abgabe einer
Unterlassungserklärung verlangen könnte, nicht besteht. Ein Rechtsschutzbedürfnis
entfällt auch nicht etwa durch die Abgabe der Unterlassungserklärung vom 23. März
2000, da diese nur bedingt und befristet bis zu einer diesbezüglichen rechtskräftigen
gerichtlichen Entscheidung abgegeben worden ist.
Die Erledigungserklärung der Beklagten ist für den Rechtsstreit ohne Belang,
da sie nicht in der Lage ist, diesen einseitig für erledigt zu erklären. Eine
Erledigung ist auch nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Die Abmahnung
wurde nicht zurückgenommen und die Homepage der FTPx Corp. War, wie die Klägerin
unwidersprochen dargelegt hat, nur zeitweilig nicht abrufbar.
II. Die zulässige negative Feststellungsklage ist begründet, denn der
Beklagten steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch hinsichtlich der
Verwendung der Marke Explorer auf ihrer Homepage unter gleichzeitiger Setzung
eines Hyperlinks auf die Homepage des amerikanischen Softwareherstellers gemäß
§§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 4 MarkenG nicht zu.
Gemäß §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 4 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne
Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu
benutzen, wenn wegen Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das
Zeichen erfaßten Waren- oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von
Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der
Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.
Es kann dahinstehen, ob der Anspruch der Beklagten, wie die Klägerin meint,
mangels Handelns im geschäftlichen Verkehr scheitert. Offen bleiben kann
ferner, ob der Unterlassungsanspruch an einer fehlenden markenmäßigen
Benutzung des Zeichens FTP-Explorer scheitert. Denn jedenfalls scheitert der
Unterlassungsanspruch der Beklagten an der fehlenden Verwechslungsgefahr im
Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr kommt es auf alle Umstände des
Einzelfalls an. Insbesondere besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Ähnlichkeitsgrad
der Bezeichnung, dem Grad der Warennähe und der Kennzeichnungskraft, so dass
der Ähnlichkeitsgrad um so geringer werden kann, je größer die
Kennzeichnungskraft und/oder Warennähe ist oder umgekehrt (vgl. BGH WRP 2000,
525, 526; GRUR 1993, 118, 119). Hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken ist auf
den Gesamteindruck abzustellen, den diese bei dem Durchschnittsverbraucher der
jeweils in Frage stehenden Waren hervorrufen (vgl. BGH GRUR 1999,735, 736).
Die Marke Explorer ist von nur geringer Kennzeichnungskraft. Sie leitet sich aus
dem englischen Begriff explorer ab, der einen beschreibenden Inhalt hat und mit
Kundschafter oder Forscher übersetzt werden kann. Der Begriff Explorer für
eine der Durchforschung von Daten dienende Software ist beschreibender Natur.
Aus beschreibenden Angaben abgeleitete Bezeichnungen sind aber nur von geringer
Kennzeichnungskraft (vgl. BGH GRUR 1995, 808, 810).
Diese schwache Kennzeichnungskraft hat sich auch nicht durch die Benutzung des
Zeichens durch die Firma Microsoft gemäß § 26 Abs. 2 MarkenG erhöht. Denn
diese nutzt die Marke nicht mit Fremdbenutzungswillen. Von einer zurechenbaren
Benutzung im Sinne des § 26 Abs. 2 MarkenG kann aber dann nicht mehr gesprochen
werden, wenn es sich um eine gewissermaßen aufgedrängte Zustimmung handelt,
bei der Dritte nach außen erkennbar die Marke nicht für den Markeninhaber
nutzt ( vgl. Fezer, MarkenG, § 26 Rn. 96).
Die Firma Microsoft hat den Vergleich vor dem OLG München ohne Anerkennung
einer Rechtspflicht geschlossen. Sie verweist entgegen ihrer sonstigen Übung in
ihren Explorer-Programmen auch nicht auf die Kennzeichenrechte der Beklagten.
Der hohe Bekanntheitsgrad der Produkte der Firma Microsoft ist dementsprechend
der Beklagten nicht zuzurechnen, so dass es bei der schwachen
Kennzeichnungskraft der Marke bleibt.
Zwischen den von der Klägerin und der Beklagten angebotenen Waren liegt
Warenidentität vor.
Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ist auf die Faktoren Zeichenähnlichkeit,
Waren-Dienstleistungsähnlichkeit und Kennzeichnungskraft der geltend gemachten
Marke abzustellen. Die einzelnen Merkmale stehen zueinander in einer
Wechselwirkung. Maßgeblich ist der Gesamteindruck der Kollisionszeichen, den
ein verständiger Durchschnittsverbraucher erlangt. Bei der Überprüfung ist zu
berücksichtigen, dass das Publikum die Zeichen regelmäßig nicht gleichzeitig
wahrnimmt und bewußt vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines
undeutlichen Erinnerungseindrucks erhält. Hierbei treten die übereinstimmenden
Merkmale mehr hervor als die Unterschiede so dass es mehr auf erstere ankommt.
Hinsichtlich des Bestandteils Explorer liegt zwischen der Marke der Beklagten
und dem von der Klägerin benutzten Zeichen klangliche und inhaltliche
Teilidentität vor. Dem Begriff Explorer kommt ebenso wie der
Buchstabenkombination FTP nur schwache Kennzeichnungskraft zu. Demjenigen, der
die Bedeutung von FTP kennt, erschließt sich jedoch, dass sich hinter
FTP-Explorer eine völlig andere Software verbirgt als beispielsweise hinter
Internet-Explorer oder Windows-Explorer. Dementsprechend prägt die
Buchstabenkombination FTP den Gesamtbegriff FTP-Explorer mit. Zudem mißt das
Publikum Wortanfängen regelmäßig eine erhöhte Bedeutung zu (vgl. BGH GRUR
1996, 200 f.).
Danach wird der Gesamteindruck des Zeichens als kombiniertes Zeichen durch
gleichwertige Elemente bestimmt, die beide beschreibende Anlänge enthalten.
Kein Element allein ist geeignet, den Gesamteindruck des Kombinationszeichens zu
prägen, weshalb bei einer Übereinstimmung des Gesamteindrucks des
beanstandeten Zeichen mit nur einem Element des prioritätsälteren Zeichens die
zeichen- und markenrechtliche Verwechslungsgefahr hier zu verneinen ist (vgl.
dazu BGH GRUR 1998, 942 f.). Da die Bezeichnung Explorer bei der angegriffenen
Bezeichnung nicht hervortritt, sind diese Grundsätze auch vorliegend anwendbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.