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Zumutbarkeit einer Suchmaschine, wettbewerbsmäßige oder markenrechtliche Unterlassungsansprüche zu prüfen?

Landgericht München I

 Urteil vom 20.09.2000 - 7 HK O 12081/00

 

Tatbestand:

Die Klägerin entwickelt und vermarktet Software, insbesondere graphische Systeme. Sie ist - gerichtsbekannt - Inhaberin der am 22.9.1995 angemeldeten und am 17.11.1995 eingetragenen deutschen Marke "EXPLORER", einer identischen Gemeinschaftsmarke sowie der entsprechenden Marke "EXPLORA" (Anlage K 2).

Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der AXON Internet Service GmbH, die Inhaberin der Internet-Domain "www.dino-online.de" war (K 3).

Die Beklagte betreibt - unstreitig - eine Suchmaschine, bei der die angezeigten Inhalte automatisch in ein Verzeichnis eingestellt werden. Ihr Angebot beschränkt sich auf Querverweise ("links") auf Angebote Dritter.

Im Rahmen dieser Dienstleistung konnte unter der entsprechenden Domain der Beklagten am 25.1.2000 folgender Inhalt aufgerufen werden:

(Es folgt die Darstellung der Internetseite)

Die Klägerin betrachtete dies nach entsprechendem Hinweis ihrer ständigen anwaltschaftlichen Vertreter als Verletzungshandlung ihrer geschützten Marke "Explorer".

Der Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin verfaßte am 25.1. 2000 ein entsprechendes Abmahnschreiben (K 5), legte eine Kostenrechnung vom 25.1.2000 mit einem Gegenstandswert von DM 100.000,-- und Berechnung einer 7,5/10 Geschäftsgebühr von insgesamt DM 1.895,21 bei und setzte eine Frist zur Abgabe der Unterlassungserklärung und der Angabe des Vorlieferanten bis 31.1.2000.

Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 2.2.2000 (K 6) gab die Beklagte die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, verweigerte aber die Bezahlung der geforderten Abmahnkosten.

Die Frage der Berechtigung dieser Forderung, nunmehr geltend gemacht in Höhe von DM 1.633, 80 netto nebst anteiliger Zinsen, ist Gegenstand dieses Verfahrens.

Die Klägerin hat diese zunächst mit Mahnbescheid des Amtsgerichts Hagen vom 15.3.2000 geltend gemacht, gegen den die Beklagte form- und fristgerecht Widerspruch eingelegt hat.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte müsse die Abmahnkosten, angefallen aus einem Streitwert von DM 100.000,--, tragen. Zur Begründung führt sie aus, ihre Rechtsvorgängerin habe "unter dieser Domain u.a. die Software "FTP-Explorer" zum download angeboten. Nach ständiger Rechtsprechung hafte die Beklagte auch für links. Die Beklagte habe hier hyperlinks ohne Hinweis auf fremde Inhalte verwendet und sich hierdurch diesen Inhalt zu Eigen gemacht. Sie sei damit jedenfalls Mitstörerin."

Die Klägerin stellt deshalb den Antrag,

die Beklagte zur Zahlung von DM 1.633,80 nebst 4% Zinsen hieraus seit Zustellung der Klagebegründung (12.7.2000) an sie zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hebt hervor, daß sie Betreiberin einer Suchmaschine sei, bei der die angebotenen Inhalte nur in ein Verzeichnis eingestellt würden und die Angebote der Beklagten nur Querverweise auf Dritte darstellten. Die Beklagte sei nicht am Vertrieb selbst beteiligt, insbesondere habe sie kein Angebot zum download abgegeben. Es liege deshalb keine willentliche, objektiv kausale Mitwirkung an einer rechtswidrigen Beeinträchtigung vor, d.h. die Beklagte sei nicht (Mit)-Störerin.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf die von den Verfahrensbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze, die als Anlagen übergebenen Unterlagen sowie das Terminsprotokoll vom 9.8.2000 (Bl. 43/46 d.A.).

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht Störerin/Mitstörerin im Sinne der markenrechtlichen Unterlassungshaftung. Die Abmahnung der Klägerin vom 25.1.2000 war damit nichtberechtigt, die Klägerin kann hierfür keine Abmahnkosten fordern.

1. Richtiger Beklagter ist bei einem Unterlassungsanspruch der Störer. Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch richtet sich gegen die Person, die einen Wettbewerbsverstoß durch Erfüllung der Tatbestandsmerkmale der Verbotsvorschrift begeht bzw. zu begehen droht. Entsprechendes gilt für den - hier einschlägigen - markenrechtlichen Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2, Abs. 5 MarkenG.

Nach dem weiten Störerbegriff, der einen wirkungsvollen Schutz im Rahmen des markenrechtlichen Unterlassungsrechts gewährleisten soll, ist Störer auch jeder, von dem ernstlich zu befürchten ist, daß er an der wettbewerbswidrigen Handlung eines eigenverantwortlichen Dritten willentlich und adäquat kausal mitwirkt, vorausgesetzt, daß der als Mitstörer in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit besaß, die Handlung zu verhindern (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, zusammenfaßend zitiert z.B. in Baumbach/Hefermehl, Wett­bewerbsrecht, 21. Aufl. 1999, UWG Einl., Rnr. 327). Nach jüngerer Rechtsprechung des BGH ist zur Voraussetzung, daß der als Mitstörer in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit besaß, die Handlung zu verhindern, das Merkmal der Zumutbarkeit einer Prüfungspflicht hinzugekommen: Eine Haftung als Mitstörer setzt (zusätzlich) das Bestehen von Prüfungspflichten voraus, deren Einhaltung zur Vermeidung erneuter Inanspruchnahme geboten ist; daran fehlt es, wenn dem in Anspruch genommenen Dritten im konkreten Fall eine Prüfungspflicht als Mitstörer nicht oder jedenfalls nur eingeschränkt zuzumuten ist (BGH GRUR 97, 909 - Branchenbuch -Nomenklatur).

2. In Anwendung dieser sachgerechten Eingrenzung der Mitstörer-Haftung und unter Berücksichtigung der Besonderheiten dieses Falles ist die Beklagte aus Markenrecht nicht unterlassungspflichtig, sie ist nicht Mitstörerin.

a) Der Klägerin ist zuzustimmen und dies entspricht auch inzwischen ständiger Rechtsprechung der Kammer, daß im Internetrecht grundsätzlich auch eine Haftung nach §§ 14, 15 MarkenG bei entsprechenden Verletzungshandlungen besteht, die durch Verwendung von geschützten Kennzeichnungen in links, hyperlinks oder metatags erfolgt.

b) Dies allein ist jedoch nicht die Besonderheit des hier zu beurteilenden Falles, vielmehr ist es die Tatsache, daß die Beklagte unstreitig Betreiberin einer Suchmaschine für den Bereich des Internets ist, bei der die angebotenen Inhalte (nur) in ein Verzeichnis eingestellt werden. Die Beklagte ist damit nur eine im Internet geführte Auskunftsstelle ohne eigene willentliche Übernahme der fremden Inhalte, ähnlich wie herkömmliche Betreiber eines Informationsdienstes oder Herausgeber eines Branchenbuches. Die Beklagte hat insoweit -nachvollziehbar - vorgetragen, daß sie entgegen der Behauptung der Klägerin nicht am Vertrieb beteiligt gewesen sei: Es habe ihrerseits kein Angebot zum download gegeben. Die insoweit beweispflichtige Klägerin ist diesem Sachvortrag nicht mehr entgegengetreten.

c) Auch wenn man berücksichtigt, daß der streitgegenständliche Text im eigenen HTML-Code der Beklagten enthalten ist, so ändert dies nach Auffassung der Kammer nichts daran, daß die Beklagte als Betreiberin einer Suchmaschine im oben beschriebenen Sinn auch hierdurch keine unterlassungsrechtlich relevanten eigenen Beiträge geleistet hat, aus der sich im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung eine eigene willentliche, objektiv kausale Mitwirkung an einerrechtswidrigen Beeinträchtigung ergibt.

d) Jedenfalls ist bei der hier vorliegenden Fallkonstellation eine zumutbare Prüfungspflicht der Beklagten als Suchmaschinenbetreiberin nicht gegeben. Die Zahl der Internet-domains„explodiert“. Dies hat ja zur Notwendigkeit von Suchmaschinen geführt. Es ist nach Auffassung der Kammer der Betreiberin einer Suchmaschine nicht zuzumuten, wettbewerbsmäßige oder markenrechtliche Unterlassungsansprüche zu prüfen und ggf. Eintragungen abzulehnen. Eine derartige Verpflichtung besteht nach Auffassung der Kammer nur bei offenkundigen kennzeichenrechtlichen Verletzungshandlungen, die sich jedermann ohne genauere Kenntnisse des Markenrechts und ohne Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe aufdrängen. Dieser Ausnahmefall, der zu einer Haftung von Suchmaschinenbetreibern führen könnte, liegt jedoch hier ersichtlich nicht vor.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Ziff. 11 ZPO. Mit der Entscheidung durch den Vorsitzenden allein haben sich die Parteien gemäß § 349 Abs. 3 ZPO ausdrücklich einverstanden erklärt (Bl. 44 d.A.).

 

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