Urteil vom 25. August 1999 - Az.
28 0 527/98 - Linksammlung
In dem Rechtsstreit ...
hat die 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung
vom 4. August 1999
durch ... für R e c h t erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt,
I. Der Beklagten
wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 10.100 DM und für den Fall,
dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft bis zu einem Monat
für jeden Fall der Zuwiderhandlung verboten, in ihrem Internetangebot mit der
Adresse http://www.babynet.de die Linksammlung wie aus der Anlage ersichtlich zu
veröffentlichen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 23.800 DM vorläufig
vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch unbedingte,
unbefristete und unwiderrufliche Bürgschaft eines als Zoll- und/oder Steuerbürgen
zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt seit dem 16.10.1997 im
Internet unter der Adresse http://www.kidnet.de (im folgenden: kidnet.de) einen
kostenlosen Datenbankinformationsdienst zu Eltern, Kinder und Familien
betreffende Themen mit Adressen, Kontaktinformationen und Darstellungen von
Initiativen, Organisationen, Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen. Den Kern
von kidnet.de bildet eine Datenbank mit mehr als 3.000 Einträgen, durch die die
Organisation und die Verteilung der Einzelinformationen auf entsprechende
Rubriken und Unterrubriken und die Präsentation im Internet realisiert wird.
Fast alle Einträge im kidnet.de sind aufgrund von persönlichen Kontakten
zwischen der kidnet-Redaktion und den Initiativen, Verbänden, Organisationen
und Selbsthilfegruppen recherchiert, redaktionell bearbeitet und vor der
Freischaltung, soweit erforderlich mit Hilfe von Experten, auf ihre pädagogische
Unbedenklichkeit bzw. Eignung und Seriosität überprüft und bestimmten
Rubriken zugeordnet worden. Ergänzt werden die Informationen durch etwa 1.000
Selbstdarstellungen der in die Liste der Klägerin aufgenommenen Anbieter.
Daneben enthält das kidnet.de eine Sammlung von 251 alphabetisch geordneten
elektronischen Querverweisen, sogenannte "Links" auf im Internet
vertretene Eltern-Kinder-Initiativen. Um eine kontinuierliche Pflege und
Fortentwicklung ihres Angebotes zu gewährleisten, steht die kidnet-Redaktion in
einem ständigen Kontakt mit den Anbietern und Experten. Die Klägerin betreibt
ihren kidnet-Informationsdienst mit der Absicht der Gewinnerzielung, indem sie
sich mit dem von ihr erstellten Angebot an Firmen wendet, um im Wege des
Sponsoring diesen die Möglichkeit zu bieten, gegen Bezahlung Firmenlogos in das
Angebot der Klägerin einzustellen.
Unter der Adresse http://www.babynet.de. unterhält auch die Beklagte einen
Informationsdienst für Familien mit Kindern, den sie etwa zur selben Zeit wie
die Klägerin den ihren aufgebaut hat. Im Juni 1997 wurde die Domain "babynet.de"
bei der zuständigen Vergabestelle, der DENIC e.G. registriert, am 11.8.1997 war
das Angebot der Beklagten erstmals Online im Internet zu erreichen.
Im April 1998 stellte die Klägerin fest, dass die nach Themen geordnete
Linksammlung der Beklagten mit ihrer Linkliste bis auf 12 Einträge, die diese
mehr enthielt, übereinstimmte und zwar, auch hinsichtlich Schreibweise,
Interpunktion, Benennung und verwendeter Abkürzungen sowie vorhandener
Orthographie- und Interpunktionsfehler. Wegen des Inhalts der beiden Linklisten
der Parteien und der Übereinstimmungen wird auf die zu den Akten gereichten
Linksammlungen und die von der Klägerin gefertigte, als Anlage As 8 vorgelegte
Gegenüberstellung der Übereinstimmungen der Listen der Parteien Bezug
genommen. Mit Schreiben vom 16.4.1998 warf die Klägerin der Beklagten vor, ihre
Linksammlung elektronisch kopiert zu haben, und forderte sie auf, bis zu
24.4.1998 eine schriftliche Erklärung abzugeben, wonach sie sich verpflichte,
es künftig zu unterlassen, ihre, der Klägerin, Datensammlung oder selbständige
Teile der Datensammlung zu vervielfältigen und zu verbreiten und die
Linksammlung unverzüglich aus ihrem Angebot zu entfernen. Die Beklagte bestritt
die Vorwürfe der Klägerin und lehnte die Abgabe der geforderten
Verpflichtungserklärung ab. Nach Ablauf der ihr gesetzten Frist veröffentlichte
die Beklagte eine veränderte Linksammlung, in der die Bezeichnungen der in die
Liste aufgenommenen Anbieter zum größten Teil umgestellt und die Orthographie-
und Interpunktionsfehler beseitigt waren.
Am 12.5.1998 erwirkte die Klägerin eine von der Kammer erlassene einstweilige
Verfügung (Az.: 28 0 216/98), durch die der Beklagten verboten worden ist, in
ihrem Internetangebot weiterhin die von der Klägerin beanstandete Linksammlung
zu veröffentlichen. Die Beklagte nahm die Linksammlung daraufhin aus dem Netz
und unterbreitete der Klägerin unter dem 8.6.1998 einen Vorschlag zur
vergleichsweisen Erledigung der Angelegenheit, der es ihr, der Beklagten, ermöglichen
sollte, ihre Linksammlung weiterhin, allerdings unter Anerkennung einer Priorität
von kidnet.de hinsichtlich einer Anzahl von rund 100 der angebotenen Einträge
zu veröffentlichen. Die Klägerin lehnte dies jedoch ab.
Unter dem 24.9.1998 stellte die Klägerin fest, dass die Beklagte unter Verstoß
gegen die einstweilige Verfügung einige Seiten ihrer Linksammlung erneut im
Internet veröffentlicht hatte. Dies beanstandete die Klägerin bei der
Beklagten, worauf die Seiten wieder aus dem Internet herausgenommen wurden.
Mit ihrer Klage, bei der es sich um die Hauptsacheklage zu dem vorausgegangen
Verfügungsverfahren handelt, verfolgt die Klägerin das darin angebrachte
Unterlassungsbegehren weiter. Die einstweilige Verfügung hat noch heute
Bestand.
Widerspruch ist dagegen von Seiten der Beklagten nicht eingelegt worden. Die Klägerin
behauptet, die Beklagte habe ihre Linksammlung elektronisch kopiert und in ihre
unterschiedlichen Rubriken eingebunden. Für sich spreche, die unstreitige
qualitative und quantitative Übereinstimmung der Linkadressen, zumal es weit
mehr Adressen gebe und sie, die Klägerin, eine Auswahl vorgenommen habe. Auch
die Reaktion auf das Abmahnschreiben vom 16.4.1998 mache deutlich, dass die
Beklagte ihre Linksammlung übernommen habe. Sie meint, bei ihrer Linkliste
handele es sich wegen der nach bestimmten Kriterien erfolgten Auswahl der in das
Angebot aufgenommenen "Links" um eine Datensammlung im Sinne des § 4
I UrhG. Darüber hinaus seien die Voraussetzungen des § 4 II UrhG erfüllt, so
dass es sich auch um eine Datenbank im Sinne dieser Vorschrift handele.
Unstreitig seien die Daten systematisch und methodisch geordnet und elektronisch
vermittels Internet- Browser zugänglich. Sie habe - was hinsichtlich des
kidnet.de in seiner Gesamtheit unwidersprochen geblieben ist, hinsichtlich der
Linksammlung allein aber von der Beklagten bestritten wird - viel Zeit, Arbeit
und Mühe sowie erhebliche Mittel zur Beschaffung und Überprüfung der
Informationen, und deren Darstellung in der Datenbank aufgewendet; jede
Initiative in ihrer Sammlung sei vor ihrer Aufnahme auf ihre pädagogische
Eignung für ihr kidnet überprüft worden, was mit erheblichen finanziellen und
personellen Investitionen verbunden gewesen sei. Die ihr bis April 1998 für die
Entwicklung und Pflege ihres Internetangebotes entstandenen Kosten schätze sie
auf insgesamt 130.070 DM, wovon, wie sie weiter behauptet, etwa 1/3 der Kosten
auf die Erstellung der Linksammlung entfielen. Wegen der Einzelheiten der
Kostenschätzung wird auf die mit der Anlage AS 23 von der Klägerin zu den
Akten gereichte Kostenaufstellung Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
Sie meint, die Klage könne schon deshalb keinen Erfolg haben, weil es ihr nicht
untersagt werden könne, ihre Linksammlung zu veröffentlichen; allenfalls könne
es ihr verboten werden, bei der Klägerin Anleihen zu machen, indem sie deren
Linkliste in wesentlichen Teilen kopiere. In der Sache behauptet sie, jeder
einzelne Link, den sie in ihr Angebot aufgenommen habe, sei von ihr selbst
recherchiert worden. Mit Hilfe von Suchmaschinen ließen sich im Internet
unstreitig binnen kurzer Zeit eine Vielzahl von Angeboten zu Eltern, Kinder und
Familien betreffende Themen wie auch Adressen von Eltern-/Kinderinitiativen,
Eltern-/Kinderorganisationen, Eltern- /Kinderselbsthilfegruppen und
-beratungsstellen finden. Nicht jeden Link, der sich in den Linklisten der
Parteien finde, habe sie zuerst bei der Klägerin gesehen. Sie habe ihre Links
aus einer Vielzahl von Quellen im Internet zusammengestellt und eigenhändig
aufgeschrieben. Die Linkliste der Klägerin habe sie zur Vervollständigung
ihrer Liste benutzt, indem sie bei ihr noch fehlende "Links" aus der
Sammlung der Klägerin übernommen habe, woraus sich jedenfalls zum Teil auch
die Übereinstimmungen hinsichtlich Schreibweise, Benennung, Interpunktion und
Abkürzungen ergäben; im übrigen sei Ursache hierfür, dass sie und die Klägerin
unabhängig voneinander teilweise ihre Links" aus derselben Drittquelle
entnommen hätten. Weiter behauptet die Beklagte, sie habe bereits zu Beginn
ihrer Internet- Präsenz Links in ihrem Angebot gehabt. Wegen dieser Links wird
auf die 2. Seite des Schriftsatzes der Beklagten vom 21.5.1999 verwiesen.
Die quantitative Übereinstimmung ihrer Linksammlung mit der der Klägerin sei
schon dann nicht mehr so erstaunlich, wenn man sich vor Augen führe, dass nur
eine bestimmte Menge solcher Kontaktstellen für Eltern und Kinder im Internet
vertreten sei und beide Parteien auf Vollständigkeit bedacht gewesen seien. Die
Übernahme einzelner Links aus der Sammlung der Klägerin sei zulässig, solange
unwesentliche Teile der Liste betroffen seien. Außerdem handele es sich bei der
Linksammlung aber auch weder um ein urheberrechtsschutzfähiges Werk im Sinne
des § 4 I UrhG, denn sie folge vorgegebenen Ordnungsprinzipien, noch handele es
sich um eine Datenbank im Sinne des § 4 II UrhG. Denn die Beschaffung von
Hyperlinks im Internet sei vollkommen unproblematisch und erfordere keinesfalls
Investitionen von substantiellem Gewicht. Die von der Klägerin mit den
Initiativen und Verbänden getätigten Investitionen seien, so meint die
Beklagte, nicht zu berücksichtigen, da diese zum Erstellen einer Linkliste
nicht erforderlich gewesen seien. Die Korrespondenz habe nicht dazu gedient, die
Links der Organisationen zu beschaffen, sondern die relationale Datenbank der Klägerin
mit den mehr als 3.000 Einträgen oder ihre Web-Site zu erstellen und gebe daher
nichts dafür her, welchen Aufwand die Klägerin beim Suchen, Überprüfen und
Einstellen der Hyperlinks in ihr Angebot gehabt habe. Die Beklagte behauptet,
der finanzielle Aufwand könne sich auf nicht mehr als auf wenige 100 DM
belaufen haben, da die von der Klägerin in das Internet eingestellte Linkliste
innerhalb von längstens einem Tag erstellt worden sei. Eine Übernahme sei auch
nur dann unzulässig, wenn gerade in den übernommenen Teil, wesentliche
Investitionen getätigt worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die
beigezogene Akte des einstweiligen Verfügungsverfahrens - 28 0 216/98 -, die
Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der gegen den Klageantrag
erhobene Einwand der Beklagten, wonach ihr nicht untersagt werden könne, ihr
eigenes Internet-Angebot unter der eigenen Adresse zu veröffentlichen,
allenfalls könne ihr untersagt werden, dasjenige der Klägerin zu vervielfältigen
oder zu verbreiten, greift nicht. Denn zu verbieten ist stets die konkrete
Verletzungsform, die in einer Verwertung des Angebots der Klägerin durch
Einstellen in das eigene Angebot der Beklagten und die darin erfolgte
Verbreitung unter der eigenen Adresse http://www.babynet.de. als eigene
Linksammlung zu sehen ist. Die Klägerin kann von der Beklagten verlangen, es zu
unterlassen, die streitgegenständliche, im Klageantrag angeführte und aus dem
Tenor ersichtliche Linksammlung zu veröffentlichen.
Dahingestellt bleiben kann insoweit, ob die Linksammlung der Klägerin etwa
wegen einer getroffenen Auswahl oder weil die Linksammlung in der systematischen
und methodischen Anordnung möglicherweise doch ein Mindestmaß an individueller
Eigenart erkennen lässt, als "Kleine Münze" urheberrechtlichem
Schutz unterliegt. Auch als einfache Datenbank ohne Werkqualität ist sie nach
§§ 87 a ff. geschützt, womit das Unterlassungsbegehren der Klägerin
jedenfalls nach §§ 97 I 1 UrhG in Verbindung mit § 87 a UrhG oder nach §§
97 I 1 UrhG in Verbindung mit §§ 87 b I 2, 2. Alternative, 87a UrhG
gerechtfertigt ist.
Datenbank im Sinne des § 87 a I 1 UrhG ist nach der Legaldefinition eine
Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die
systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer
Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung
und Darstellung eine nach Art und Umfang wesentliche Investition erfordert. Die
Linkliste der Klägerin stellt eine Sammlung von Daten dar, die systematisch, nämlich
alphabetisch angeordnet und einzeln zugänglich sind.
Die Erstellung der Linksammlung erforderte auch eine nach Art und Umfang
wesentliche Investition der Klägerin. Der Begriff der wesentlichen Investition
wird im Gesetz nicht definiert. Aus der Formulierung des § 87 a I 1 UrhG ergibt
sich jedoch, dass von einem sehr weit gefassten Investitionsbegriff ausgegangen
werden muss. In den den Datenbankrichtlinien vorangestellten Erwägungsgründen
des Richtliniengebers zur Gesetzesänderung ist festgehalten, dass die
Investition in der Bereitstellung von finanziellen Mitteln und/oder in dem
Einsatz von Zeit, Arbeit und Energie bestehen kann. Schon die eingehende Überprüfung
des Inhalts einer Datenbank kann insoweit als wesentliche Investition angesehen
werden. Auch genügt es, wenn sich die Investition von Zeit, Mühe und Geld nur
auf einen "inhaltlichen" Teil der Datenbank oder auf einen
Zwischenschritt bei der Erstellung und Pflege bezieht (Fromm/Nordemann,
Urheberrecht, Kommentar, 9. Auflage, § 87a Rd. 7 f.). Dass der Einsatz von Zeit
und Mühe ein Kriterium bei der Prüfung des Vorliegens einer wesentlichen
Investition ist und nicht allein auf den finanziellen Aufwand abzustellen ist,
ist in Rechtsprechung und Literatur - soweit ersichtlich - bislang nicht in
Frage gestellt worden und wird auch von dem Prozessbevollmächtigten der
Beklagten nicht ernsthaft angezweifelt.
Aus dem "Wesentlichkeitserfordernis" folgt, dass nicht irgendeine
Investition von Geld, Zeit und Mühe genügen kann, sondern das die Investition
substantielles Gewicht haben muss. Eine wesentliche Investition in diesem Sinne
liegt hier vor. Dabei kann dahingestellt bleiben, wie hoch der finanzielle
Aufwand der Klägerin war, denn jedenfalls hat sie viel Zeit, Arbeitskraft und
Energie zum Aufbau von kidnet.de mit all seinen Bestandteilen aufgebracht. Wie
die von der Klägerin als Anlage Kl 6 vorgelegte, von ihr geführte
Korrespondenz mit den Stellen, die sie in die Datenbank aufzunehmen
beabsichtigte und zum großen Teil dann auch aufgenommen hat, zeigt, hat sie
umfangreich recherchiert, zahlreiche Kontakte zu den aus ihrer Sicht in Betracht
kommenden Initiativen, Organisationen, Vereinen, Selbsthilfegruppen, Firmen usw.
aufgenommen und diese um Erläuterung ihres Angebots und ihrer Tätigkeit und um
Selbstdarstellung gebeten. Teilweise sind Anbieter auch auf sie zugekommen und
haben sich ihr vorgestellt. Unstreitig hat die Klägerin alle Adressen zum Teil
in Zusammenarbeit mit Experten auf ihre Eignung zur Aufnahme in ihr
Internetangebot überprüft, insbesondere auch auf ihre pädagogische
Unbedenklichkeit. Hinzu kommt, dass die relationale Datenbank und die
Linksammlung von der Klägerin ständig überprüft und aktualisiert werden.
Soweit die Beklagte beanstandet, dass sich der von der Klägerin vorgelegten
Korrespondenz nicht entnehmen lasse, welcher Aufwand konkret beim Suchen, Überprüfen
und Einstellen der Hyperlinks entstanden sei, um deren Vervielfältigung und
Verbreitung es allein gehe, ist dies zutreffend, in der Sache aber unerheblich.
Zwar ist die Linksammlung nur ein Teil des Kontaktinformationsdienstes der Klägerin,
dessen "Herzstück" zweifelsohne die relationale Datenbank mit um die
3.000 Einträgen darstellt, auf deren Erstellung der überwiegende Teil des von
der Klägerin betriebenen Aufwandes entfallen sein dürfte. Jedoch stellt das
kidnet.de der Klägerin eine Einheit dar, wobei die Linksammlung die Suche des
Nutzers nach den verzeichneten Anbietern erleichtern soll, indem sie einen Überblick
über die ausgewählten oder vorhandenen Anbieter gibt und der einzelne Link
unmittelbar zu dem Anbieter führt.
Die Linksammlung wird dabei aus der dahinter stehenden relationalen Datenbank
gespeist, sei es mit Hilfe eines Programms oder durch manuelles Einfügen durch
die Klägerin. Aufgrund dieser Verbindung genügt es, dass die erforderliche
wesentliche Investition für den "inhaltlichen" Teil von kidnet.de getätigt
wurde. Im Hinblick auf diese Verbindung greift auch der Einwand der Beklagten
nicht, wonach die Klägerin für die Erstellung der Linksammlung einen Aufwand
betrieben habe, der nicht erforderlich gewesen sei, da alle Hyperlinks, die sie
in ihre Linksammlung aufgenommen habe, innerhalb von einem Tag über
Suchmaschinen im Internet zu recherchieren seien. Zudem ist bei der Frage nach
dem Erfordernis einer Investition auch die Qualität des Angebots zu berücksichtigen,
zu deren Gewährleistung die persönliche Kontaktaufnahme und Überprüfung
durch die Klägerin erfolgte . Das demnach der Klägerin gemäß § 87 b I l
UrhG zustehende ausschließliche Recht ihre Linksammlung insgesamt oder einen
nach Art und Umfang wesentlichen Teil der Liste zu vervielfältigen, zu
verbreiten oder öffentlich wiederzugeben, hat die Beklagte verletzt.
Dies steht nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises fest. Die beiden
Linksammlungen der Parteien sind unstreitig bis auf 12 Links, die die Sammlung
der Klägerin zusätzlich ausweist, identisch; die Linksammlung der Beklagten
enthält also keinen einzigen Anbieter, der nicht auch bei der Klägerin
vorhanden ist. Für sich sprechen dabei die in Abweichung zu den Einträgen im
Internet bzw. in anderen Suchdiensten exakten Übereinstimmungen hinsichtlich
Schreibweise, Benennung, Interpunktion und Abkürzungen der jeweiligen Einträge
der Parteien und zahlreiche identische Orthographie- und Interpunktionsfehler,
die von der Klägerin im einzelnen in einer von ihr vorgenommenen Gegenüberstellung
der Einträge, die sie als Anlage AS 8, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen
wird, zu den Akten gereicht hat, konkret dargelegt worden sind und die als
solche von der Beklagten auch nicht bestritten werden. Ein weiteres Anzeichen für
die Übernahme der Daten durch die Beklagte ist deren Verhalten nach Erhalt des
Abmahnschreibens, als sie nach Ablehnung der Abgabe einer
Unterlassungsverpflichtungserklärung eine veränderte Linksammlung, in der die
Bezeichnungen der in die Liste aufgenommenen Anbieter zum größten Teil
umgestellt und Orthographie- und Interpunktionsfehler beseitigt waren, ins
Internet eingestellt hat. Hinzu kommt das Vergleichsangebot der Beklagten mit
dem Zugeständnis einer Priorität der Klägerin hinsichtlich einer Anzahl von
100 Links, wo die Beklagte, wenn der gegen sie erhobene Vorwurf unzutreffend wäre,
doch eher Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung, die auch heute noch
Bestand hat, eingelegt hätte. Nach der Lebenserfahrung sprechen all diese Umstände
eindeutig dafür, dass die Beklagte ihre Links aus der Sammlung der Klägerin übernommen
hat, wobei die Art und Weise der Übernahme dahinstehen kann. Nicht erforderlich
ist, dass die Daten elektronisch kopiert wurden.
Der Beklagten ist es nicht gelungen den gegen sie bestehenden Anscheinsbeweis zu
entkräften. Soweit sie behauptet, beide Parteien seien bestrebt gewesen, ihre
Verzeichnisse komplett zu erstellen, besteht sie selbst nicht darauf, dass die
Liste der Klägerin tatsächlich alle Anbieter im Internet enthält. Weshalb
sich bei der Klägerin 12 Anbieter mehr als bei ihr finden, obgleich sie um
Vollständigkeit bemüht gewesen sein will, hat sie nicht dargetan.
Unsubstantiiert und damit unbeachtlich ist auch ihre Behauptung, sie habe jeden
einzelnen Link selbst recherchiert und die Linksammlung der Klägerin sei nur
eine von vielen Quellen gewesen, die sie für den Aufbau ihrer Sammlung
seinerzeit genutzt habe, wobei die meisten der festgestellten Übereinstimmungen
sich daraus erklärten, dass sie die bestehenden Linkseiten um Links der Klägerin
ergänzt habe, die bei ihr noch nicht vorhanden gewesen seien. Eine
Beweisaufnahme zu diesen Behauptungen durch Vernehmung der von der Beklagten
benannten Zeugen liefe auf eine unzulässige Ausforschung nicht vorgetragener
Tatsachen hinaus, nämlich auf die Ausforschung, wo die Beklagte jeden ihrer
einzelnen Links her hat.
Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten beispielhaft
Rechercheergebnisse im Ausdruck vorgelegt hat, ergibt sich daraus zwar, dass von
der Klägerin in ihre Linksammlung aufgenommene Anbieter sich auch woanders
finden lassen, insbesondere, wie von der Beklagten geltend gemacht, in
Suchmaschinen, was von der Klägerin auch nicht bestritten wird. Dass sie den in
dem Ausdruck markierten Link aber dem konkreten Suchdienst entnommen hat, ist
die Beklagte nicht in der Lage darzulegen. Statt dessen ergibt sich aus den
Ausdrucken, von denen beispielhaft der Ausdruck Anlage B3 zur Suche "Down-
Syndrom" bei dem Yahoo-Suchservice angeführt sei, dass es weitere in der
Linksammlung der Beklagten nicht zu findende Anbieter gibt, obgleich die
Beklagte für sich das Bestreben nach Vollständigkeit reklamiert und dies auch
für die Klägerin behauptet hat und damit die Übereinstimmungen hinsichtlich
der von ihnen angeführten Anbieter zu erklären versuchte. In diesem Punkt,
der, wie bereits ausgeführt, ohnehin nicht überzeugend dargetan war, hat sie
sich mit den vorgelegten Ausdrucken nunmehr selbst widerlegt. Wenn das babynet
der Beklagten bereits im Juni 1997 die auf Seite 2 des Schriftsatzes des Klägervertreters
vom 21.5.1999 aufgeführten 19 Links enthielt, was hier als zutreffend
unterstellt werden kann, ist immer noch hinsichtlich eines nach Art und Umfang
wesentlichen Teils der Linksammlung der Klägerin nach den Grundsätzen des
Anscheinsbeweises davon auszugehen, dass die Beklagte diesen unberechtigterweise
vervielfältigt und verbreitet hat.
Selbst wenn man dieses Vorbringen der Beklagten als geeignet ansehen wollte, den
Anscheinsbeweis insgesamt zu entkräften, wäre das Unterlassungsbegehren
aufgrund des Vertrages der Beklagten, wonach sie ihre Linksammlung um weitere
bei der Klägerin vorhandene, bei ihr aber noch fehlende Links ergänzt habe,
jedenfalls nach §§ 97, 87 b I 2 UrhG begründet. Gemäß § 87 b I 2 UrhG
steht der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe eines
nach Art und Umfang wesentlichen Teils der Datenbank die wiederholte und
systematische Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe von
nach Art und Umfang unwesentlichen Teilen der Datenbank gleich, sofern diese
Handlungen einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufen oder die
berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigen.
Dies wäre hier zu bejahen. Mit der Übernahme einzelner Anbieter aus der 251
Links umfassenden Linksammlung der Klägerin in ihre Linksammlung, die im
Internet von den Nutzern jederzeit angeklickt werden kann, verbreitete die
Beklagte diese nach Art und Umfang unwesentlichen Teile der Datenbank der Klägerin
systematisch, wobei dies einer normalen Auswertung der Datenbank der Klägerin
zuwidergelaufen wäre, da sie die Linksammlung der Klägerin nicht nutzte, um
sich selbst Informationen über die betreffende Initiative, Selbsthilfegruppe,
Organisation usw. zu bestimmten Themengebieten zu verschaffen, sondern, um diese
wie die Klägerin zu nutzen, ohne allerdings selbst den Aufwand und die Kosten für
die Überprüfung der Anbieter aufwenden zu müssen. Damit würde auch in diesem
Fall der Schutzzweck der §§ 87 a und b UrhG eingreifen, der darin besteht, den
Datenbankhersteller davor zu bewahren, dass Benutzer der Datenbank oder
Konkurrenten sich die Ergebnisse seiner finanziellen und beruflichen Investition
aneignen, die für das Beschaffen und das Sammeln des Datenbankinhaltes getätigt
worden sind (Fromm/Nordemann, a.a.O., vor § 87 a Rd. 3).
Hinsichtlich der erfolgten Verletzungshandlung der Beklagten besteht auch die für
den Unterlassungsausspruch notwendige Wiederholungsgefahr. Diese ergibt sich
hier nicht nur aus der Erstbegehung, sondern auch aus den Vervielfältigungs-
und Verbreitungshandlungen, die unstreitig nach Erlas der einstweiligen Verfügung
für einen vorübergehenden Zeitraum erfolgten und erst wieder eingestellt
wurden, nachdem die Klägerin diese bemerkt und bei der Beklagten beanstandet
hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709 ZPO
Streitwert: 60.000 DM