Urteil vom 25. Mai 1999 - Az: 9
HKO 850/99- "Telco-Explorer"
Urteil
In dem Rechtsstreit
(...) erläßt das Landesgericht München I, 9. Kammer für Handelssachen, durch
die unterzeichnenden Richter im schriftlichen Verfahren aufgrund des Sach- und
Streitstandes am 27.04.1999 folgendes
ENDURTEIL:
I. Die Klage wird
abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt
die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die
Vollstreckbarkeit durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 400,00 abwenden,
wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Sachverhalt
Gegenstand des
Rechtsstreits sind Kosten für eine markenrechtliche Abmahnung.
Die Klägerin
entwickelt und vermarktet Software und ist Inhaberin der am 22.09.1995
angemeldeten deutschen Marke "Explorer" (Anlage K 1). Die Marke ist
eingetragen für Datenverarbeitungsgeräte und Datenverarbeitungsprogramme. Der
Beklagte betreibt unter der Internetadresse "www.spartips.com" eine
Homepage.
Im Rahmen des
Dienstleistungsangebots des Beklagten war auch die Möglichkeit angeboten, eine
Software mit der Bezeichnung "Telco-Explorer" auf den Rechner des
Nutzers herunter zu laden (Anlage K 3 a). Der Telco Explorer wurde als eine
ausgezeichnete Hi1fe beim Vergleich verschiedener Telekommunikationsanbieter zu
allen Tageszeiten angeboten.
Mit Schreiben. vom
19.06.1998 wurde der Beklagte wegen dieses Sachverhalts von der Klägerin
abgemahnt (Anlage K 4).
In der Folge gab der
Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung dahingehend ab, daß er bei
Meidung einer Vertragsstrafe es unterläßt, im geschäftlichen Verkehr die
Kennzeichnung "TelcoExplorer" im geschäftlichen Verkehr für
Datenverarbeitungsprogramme zu benutzen (Anlage K 4 a).
Die Klägerin vertritt
die Auffassung, daß die Abmahnung berechtigt war und deshalb die noch nicht
beglichenen Kosten hierfür von dem Beklagten zu tragen sind. Die Klägerin hält
die Bezeichnung TelcoExplorer mit der Bezeichnung der eingetragenen Marke
"Explorer" für verwechslungsfähig. Ferner sei davon auszugehen, daß
der Beklagte für sogenannte "Links", also für programmtechnische
Verknüpfungen zwischen seinem Teledienstleistungsangebot und dem des
Vertreibers der Software "Telco-Explorer" hafte.
Die Klägerin
beantragte infolge dessen:
I. Der Beklagte wird
verurteilt, an die Klägerin DM 1.633,80 zuzüglich 4 % Zinsen p. a. ab
Zustellung dieser Klage zu zahlen.
II. Der Beklagte trägt
die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar, wobei eine etwaige angeordnete Sicherheitsleistung
durch Bankbürgschaft eines deutschen Bankinstituts erbracht werden kann.
Der Beklagte
beantragte:
I. Die Klage wird
abgeweisen.
II. Die Klägerin trägt
die Kasten des Rechtsstreits.
Der Beklagte hält
seine markenrechtliche oder wettbewerbsrechtliche Verantwortung für nicht
gegeben. Er handle mit seinem Internet-Angebot vergleichbar zu
Presseerzeugnissen, weshalb ihm die Pressefreiheit zugute kommen müsse: Eine
Haftung für sogenannte "Links" bestehe im konkreten Fall nicht, weil
der Beklagte lediglich die Absicht verfolge, seine Leser über Software, mit
welcher man Geld sparen kann, zu informieren. Der Beklagte trägt ferner vor, daß
er keine finanzielle Vergütung erhalte und somit ein Handeln im geschäftlichen
Verkehr nicht anzunehmen sei. Darüber hinaus wird eingewandt, daß die Marke
beschreibend sei.
Zuletzt sei auf das
Teledienstegesetz hinzuweisen, wonach Diensteanbieter für fremde Inhalte, zu
denen sie lediglich den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich
seien. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird, auf die gewechselten
Schriftsätze sowie auf die mündliche Verhandlung vom 13.04.1999 Bezug
genommen. Nach Zustimmung der Parteien konnte gegenständlich schriftlich
entschieden werden.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage
ist nicht begründet.
Die Klägerin hat gegen
den Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf
Erstattung der Kosten für die Abmahnung vom 19.06.1998. Die Klägerin hat weder
einen Anspruch auf der Grundlage einer Geschäftsführung ohne Auftrag (§§
670, 683, 677 BGB), noch auf markenrechtlicher Grundlage nach § 14 Abs. 6
MarkenG.
a) Es braucht hier
nicht entschieden zu werden, ob markenrechtlich eine Haftung für sogenannte
"Links", also den Verweis auf Programmangebote Dritter, besteht.
Desweiteren bedarf es hier keiner Entscheidung, ob etwaige Einschränkungen in
der Haftung aufgrund von § 5 Abs. 2 oder Abs. 3 TDG bestehen.
b) Gegenständlich ist
festzuhalten, daß eine Markenrechtsverletzung nicht besteht bzw. die Klägerin
,es nicht für erforderlich halten durfte, daß es im Interesse des Beklagten
liegt, eine Abmahnung zur Vermeidung weiterer, gerichtlicher
Auseinandersetzungen vorzunehmen.
Die sich gegenüberstehenden
Bezeichungen "TelcoExplorer", sowohl in der Schreibweise als ein Wort
mit großem Binnen-E, a1s auch in der Schreibweise mit Bindestrich, und
"Explorer" sind unter Zugrundelegung der Grundsätze des BGH nicht
verwechslungsfähig im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
Bei der Prüfung der
Verwechslungsgefahr kommt es maßgeblich darauf an, wie die sich gegenübertretenden
Zeichen auf den Durchschnittsverbraucher dieser Art von Waren und
Dienstleistungen wirken. Dabei ist darauf abzustellen, daß der
Durchschnittsverbraucher, eine Markenbezeichnung normalerweise a1s Ganzes
wahrnimmt und nicht auf verschiedene Einzelheiten achtet (EuGH, GRUR Int 1998,
56, 58). Das von der Klägerin angegriffene Zeichen "TelcoExplorer"
wird von den Elementen "Telco" und "Explorer" gleichermaßen
geprägt. Eine Kennzeichnungsschwäche des einen oder anderen Wortbestandteils
liegt nicht vor. "Telco" mag in gewissen Verkehrskreisen als Abkürzung
aus der Bezeichnung "Telekommunikation" angesehen werden. Bei den
Durchschnittsverbrauchern, an die sich auch das Internetangebot des Beklagten
richtet, und zu denen sich die Mitglieder der Kammer zählen, hat die
Bezeichnung "Telco" keine beschreibende Wirkung, die ein absolutes
Schutzhindernis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellen würde, Rein
beschreibend ist die Bezeichnung "Telco" nicht.
Aber selbst wenn das
Erkennen einer gewissen Abkürzung zu einer gewissen Kennzeichungsschwäche führen
würde, läßt sich eine Prägung des Gesamtbegriffs "TelcoExplorer"
durch den ersten Wortteil nicht in Abrede stellen. Selbst nicht schutzfähige
Bestandteile können zur Prägung des Gesamteindrucks beitragen (Ingerl/Rohnke,
§ 14 MerkenG, Rn. 399).
Zur Beurteilung der
Kennzeichungskraft der Bezeichung "TelcoExplorer" ist eine
zergliedernde semantische Betrachtungsweise nicht zulässig, weil die Bezeichung,
wie sie sich in der Abmahung vom 19.06.1998 wiederfindet, einen Einwortbegriff
darstellt und insgesamt ein Kunstwort ohne beschreibende Anklänge bildet.
Für die Frage, ob die
Kosten der Abmahnung vom 19.06.1998 berechtigt sind, ist auf die Bezeichnung
abzustellen, wie sie sich in der Abmahnung niedergeschlagen hat.
Unter Zugrundelegung
der vorstehenden Erwägungen steht fest, daß eine zergliederte
Betrachtungsweise in Bezug auf die Bezeichnung "TelcoExplorer"
streitgegenständlich nicht zulässig ist.
Die Gefahr der
Verwechslung der beiden Kennzeichen ist gegenständlich nicht anzunehmen, weil
nach dem Erfahrungssatz des Bundesgerichtshofs gerade der Anfang eines Begriffs
dessen Gesamteindruck wesentlich mitbestimmt (GRUR, 1996, 200, 201 - "Innovadiclophont";
Ingerl/Rohnke, a. a. O., Rn. 328). Bei Zugrundelegung dieses Erfahrungssatzes fällt
die Beachtung des durchschnittlichen Verbrauchers vordringlich auf die
Bezeichnung "Telco" und nicht auf die Bezeichnung
"Explorer". Etwaige Besonderheiten ausgewählter Verkehrskreise, denen
die Mitglieder der Kammer nicht angehören, sind im Streitfall nicht zu berücksichtigen.
Weiterhin ist bei der
Kennzeichenprüfung festgestellt worden, daß der Gesamteindruck des
angegriffenen Zeichens als kombiniertes Zeichen durch gleichgewichtige Elemente
bestimmt wird. Nachdem es sich so verhält, ist kein Element der angegriffenen
Bezeichnung allein geeignet, den Gesamteindruck des Kombinationszeichens zu prägen,
weshalb bei einer Übereinstimmung des Gesamteindrucks des beanstandeten
Zeichens mit nur einem Element des prioritätsälteren Zeichens die
zeichenrechtliche und markenrechtliche Verwechslungsgefahr zu verneinen ist
(BGH, GRUR 1998, 942, 943 - "Alka-Seltzer").
Gegenständlich besteht
die Marke der Klägerin zwar nicht aus zwei Zeichen, von denen eines sich auch
in der angegriffenen Bezeichnung wiederfindet. Durch den Umstand, daß die
Bezeichnung "Explorer" bei der angegriffenen Bezeichnung nicht
hervortritt, sind jedoch die in der vorstehend zitierten Entscheidung angeführten
Grundsätze hier anzuwenden.