Verstoß gegen Unterlassungsgebot durch Hyperlink
Verwaltungsgericht Berlin
Beschluss vom 1. November 2004 -
VG 2 A 113/04
In der
Vollstreckungssache des
Studenten S.
-
Vollstreckungsgläubiger -
(...)
gegen
die Studierendenschaft
der Freien Universität Berlin,
vertreten durch den Allgemeinen Studentenausschuss,
dieser vertreten durch seinen Vorsitzenden,
- Vollstreckungsschuldnerin -
(...)
hat die 2. Kammer des
Verwaltungsgerichtes Berlin durch
den Präsidenten des Verwaltungsgerichtes W.,
die Richterin am Verwaltungsgericht R.,
den Richter am Verwaltungsgericht E.
am 1. November 2004
beschlossen:
1. Gegen die
Vollstreckungsschuldnerin wird wegen des Verstoßes gegen das in dem Beschluss
des Verwaltungsgerichtes Berlin vom 16.05.2002 (VG 2 A 21/02, WissR 2003, 77 ff.)
enthaltene Verbot, allgemeinpolitische, nicht spezifisch und unmittelbar
hochschulbezogene Äußerungen (Erklärungen, Forderungen, Stellungnahmen)
abzugeben sowie derartige Tätigkeiten Dritter zu unterstützen, ein Ordnungsgeld
von 15.000,00 Euro, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden
kann, zwei Tage Ordnungshaft gegen die Vorsitzende bzw. den Vorsitzenden des
AStA der Freien Universität Berlin festgesetzt.
2. Die
Vollstreckungsschuldnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Wert des
Verfahrensgegenstandes wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
Durch Beschluss des
Verwaltungsgerichtes Berlin vom 16.05.2002 (VG 2 A 21/02, WissR 2003, 77 ff.)
wurde der Vollstreckungsschuldnerin - der Studierendenschaft der Freien
Universität Berlin - im Wege einer einstweiligen Anordnung für die Dauer der
Mitgliedschaft des Vollstreckungsgläubigers in der Studierendenschaft der Freien
Universität Berlin bis zur Entscheidung in der Hauptsache untersagt,
allgemeinpolitische, nicht spezifisch und unmittelbar hochschulbezogene
Äußerungen (Erklärungen, Forderungen, Stellungnahmen) abzugeben sowie derartige
Tätigkeiten Dritter zu unterstützen. Zugleich wurde für jeden Fall der
Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von 5,00 bis 250.000,00 Euro angedroht.
Der am 23.03.2004 beim
Verwaltungsgericht Berlin eingegangenen Antrag des Vollstreckungsgläubigers auf
Festsetzung eines Ordnungsgeldes hat Erfolg.
Der
Vollstreckungsgläubiger ist weiterhin Mitglied in der Studierendenschaft, da er
trotz Ablegung des 1. jur. Staatsexamens weiterhin an der Freien Universität
Berlin für ein Aufbaustudium mit Abschlussziel Promotion im Studiengang
Rechtswissenschaft immatrikuliert ist (vgl. §§ 15 Satz 3 Nr. 4,
35 Abs. 2 Satz 3 BerIHG; §§ 8, 17 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung für
Studienangelegenheiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 05.08.2004).
Unerheblich ist, dass
der Vollstreckungsgläubiger bislang noch keine Klage erhoben hat. Wie die Kammer
bereits in ihrer einstweiligen Anordnung vom 16.05.2002 (VG 2 A 21/02, WissR 2003, 77 ff.)
hervorgehoben hat, steht es der Vollstreckungsschuldnerin insofern frei, den
Vollstreckungsgläubiger zur Erhebung der Klage zu veranlassen und im Falle
seiner Weigerung die Aufhebung der einstweiligen Anordnung zu beantragen
(§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 926 ZPO).
Ferner hindert
§ 929 Abs. 2 ZPO, der gemäß § 123 Abs. 3 VwGO entsprechende Anwendung findet,
die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nicht. Die in dieser Vorschrift vorgesehene
Vollziehungsfrist von einem Monat nach Verkündung bzw. Zustellung der
einstweiligen Anordnung entfaltet nur dann Sinn, wenn die Gerichtsentscheidung
nicht von Amts wegen durch das Gericht dem Vollstreckungsschuldner zugestellt
wird bzw. wenn Entscheidungen zu ihrem Vollzug besonderer
Vollstreckungsmaßnahmen bedürfen. Beides ist bei einer auf eine Unterlassung
gerichteten und mit einer Ordnungsmittelandrohung versehenen einstweiligen
Anordnung gemäß § 123 VwGO nicht der Fall, da diese sich selbst vollstreckt. Das
Unterlassungsgebot muss nämlich nur noch beachtet werden. Würde bei einer
einstweiligen Anordnung, die ein Verbot oder Unterlassungsgebot zum Inhalt hat,
die einmonatige Vollziehungsfrist zur Anwendung gelangen, läge es in der Hand
des jeweiligen Vollstreckungsschuldners, die einstweilige Anordnung zu umgehen.
Er könnte sich nämlich während des Laufes dieser Vollziehungsfrist rechtmäßig
verhalten und erst nach Fristablauf das untersagte Verhalten aufnehmen. Der
Vollstreckungsgläubiger müsste dann wieder eine neue einstweilige Anordnung
beantragen. Er wäre letztendlich faktisch nicht in die Lage versetzt, das von
ihm beanstandete Verhalten mit gerichtlicher Hilfe im Wege der Vollstreckung zu
unterbinden. Die Regelung des § 929 Abs. 2 ZPO kann daher nicht unmittelbar auf
eine derartige einstweilige Anordnung angewendet werden. Vielmehr liegt in der
Zustellung der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zugleich ein
fristwahrender Vollstreckungsakt, sofern - wie hier - mit der Entscheidung eine
Strafandrohung (§ 890 Abs. 2 ZPO) verbunden wurde. Indem der
Vollstreckungsgläubiger zuvor seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung mit einem Antrag auf Androhung eines Ordnungsgeldes versehen hatte,
hat er hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass er nicht nur einen Titel
erstreiten, sondern von diesem auch Gebrauch machen will. Deshalb ist in dieser
Konstellation die weitere Vollstreckung unbefristet zulässig
(Oberverwaltungsgericht Münster, Beschluss vom 12.12.1973 - V B 871/73, NJW 1974, 917, 918;
Oberverwaltungsgericht Bremen, Beschluss vom 6.11.1998 - 1 BB 395/98, Juris;
BGHZ 120, 73, 78, 86, Finkelnburg/ Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im
Verwaltungsverfahren, 4. Aufl. 1998, Rdnr. 563; Schoch, in: Schochl/
Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, § 123 [Stand: Februar 1998], Rdnr. 173; Happ,
in: Eyermann, VwGO, 10. Aufl. 1998, § 123, Rdnr. 83; Kopp/ Schenke, VwGO,
13. Aufl. 2003, § 123, Rdnr. 40; a.A. Puttler, in: Sodan/ Ziekow [Hrsg.], VwGO, § 123
[Stand: Januar 2003], Rdnr. 136). Wäre § 929 Abs. 2 ZPO anwendbar, hätte im
übrigen das Oberverwaltungsgericht Berlin die dann nicht fristgerecht vollzogene
einstweilige Anordnung im Beschwerdeverfahren OVG 8 S 133/02 (NVwZ-RR 2004, 348 ff.)
aufheben können (vgl. zu dieser Konsequenz: Finkelnburg/ Jank, a.a.O., Rdnr. 564;
BGHZ 120, 73, 86 f.).
Dass der Antragsteller
die Festsetzung eines Ordnungsgeldes auf Grund der einstweiligen Anordnung aus
dem Jahr 2002 erst im Jahr 2004 beantragt und zunächst in seiner Antragsschrift
vom 21.03.2004 allein Verstöße aus dem Jahr 2003 gerügt hat, begründet schon
deswegen keine sog. Verwirkung, weil er während des dazwischen liegenden
Zeitraums im Rahmen des gegen die einstweilige Anordnung gerichteten
Beschwerdeverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin (OVG 8 S 133/02,
NVwZ-RR 2004, 348 ff.) stets zu erkennen gegeben hat, gegen das von ihm
beanstandete Verhalten der Vollstreckungsschuldnerin weiterhin vorgehen zu
wollen. Entsprechend hat er nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom
15.01.2004 kurze Zeit später mit seinem am 23.03.2004 beim Verwaltungsgericht
eingereichten Antrag das Verfahren auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes
eingeleitet. Die Vollstreckungsschuldnerin musste demzufolge damit rechnen, dass
der Vollstreckungsgläubiger bis zum Ende seiner Mitgliedschaft in der
Studierendenschaft die einstweilige Anordnung vollziehen werde.
Auch wenn vorliegend
weder eine Verfristung noch eine Verwirkung des Ordnungsmittelantrages
eingetreten ist, gibt die Kammer in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass ein
spät gestellter Ordnungsmittelantrag gegebenenfalls dann zurückzuweisen wäre,
wenn die mit ihm gerügten Verstöße gegen ein Unterlassungsgebot so lange
zurückliegen, dass nicht mehr davon ausgegangen werden kann, der
Vollstreckungsschuldner beabsichtige weiterhin noch, dem Unterlassungsgebot
zuwiderzuhandeln.
Die Festsetzung des
Ordnungsgeldes beruht auf §§ 123 Abs. 3 VwG0, 928, 890 Abs. 1 ZPO. Dass die
Vollstreckung eines gegen die Studierendenschaft einer Universität im Wege
einstweiliger Anordnung ausgesprochenen Unterlassungsgebots sich nach § 890 ZPO,
nicht aber nach der für Verpflichtungen zum Erlass eines Verwaltungsaktes
geltenden Sonderregelungen des § 172 VwGO richtet, hat das
Oberverwaltungsgericht Berlin bereits entschieden (Beschluss vom 29.08.2000 -
OVG 8 L 25/99, NVwZ-RR 2001, 99 f. und vom 27.04.2001 - OVG 8 L 30/00, NVwZ 2002, 357, 358).
Der Tenor der
einstweiligen Anordnung vom 16.05.2002 (VG 2 A 21/02, WissR 2003, 77 ff.) ist
auch eine hinreichende Vollstreckungsgrundlage. Das Oberverwaltungsgericht
Berlin hat im Beschwerdeverfahren in seinem Beschluss vom 15.01.2004 -
OVG 8 S 133/02, NVwZ-RR 2004, 348 ff. - seine bisherige Rechtsprechung
(Beschluss vom 27.04.2001, a.a.O., v 25.05.1998 - OVG SN 24/98, Juris)
bestätigt, wonach der Tenor, der der Vollstreckungsschuldnerin
allgemeinpolitische Äußerungen (Erklärungen, Forderungen, Stellungnahmen) ohne
spezifischen und unmittelbaren Hochschulbezug sowie die Unterstützung
entsprechender Äußerungen Dritter untersagt, hinreichend bestimmt ist. Ebenso
steht nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes Berlin vom 15.01.2004 (NVwZ-RR 2004, 348 ff.)
fest, dass sich der Vollstreckungsgläubiger auf Art. 2 Abs. 1 GG berufen kann.
Die
Vollstreckungsschuldnerin hat gegen das vorgenannte Unterlassungsgebot
verstoßen. Dabei hat sich die Kammer auf die Prüfung der mit der Antragsschrift
vom 21.03.2004 gerügten Verstöße beschränkt:
Ein Verstoß gegen das
Unterlassungsgebot liegt darin, dass die Antragstellerin unter dem Motto "Wir
nehmen den Maulkorb ab" auf ihrer Homepage auf eine Veranstaltung in der
Humboldt Universität am 31.01.2003 hingewiesen hat. Ausweislich dieser
Ankündigung waren Gegenstand der Veranstaltung die "Gründung eines berlinweiten
Studi-Bündnisses gegen den Angriffskrieg [...]" sowie die "Gründung eines
Anti-Repressions und Anti-Kriegsbündnisses Berlin". Es entspricht vor diesem
Hintergrund den Regeln des Anscheinsbeweises, von einem allgemeinpolitischen,
nicht hochschulbezogenen Charakter einer derartigen Veranstaltung auszugehen
(vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 29.08.2000, NVwZ-RR 2001, 99, 100).
Die von der Vollstreckungsschuldnerin nunmehr aufgestellte Behauptung, es habe
sich um eine offene Informationsveranstaltung gehandelt, deren Inhalt die
Novelle des Berliner Hochschulgesetzes gewesen sei, ist nicht geeignet, die auf
Grund der Regeln des Anscheinsbeweises gerechtfertigte Annahme in Frage zu
stellen oder gar zu widerlegen, dass die betreffenden Veranstaltungen einen
allgemeinpolitischen Charakter aufwiesen. Insofern hätte sie sich nicht nur auf
den angeblich anwesend gewesenen H. und dessen eidesstattliche Versicherung
berufen, sondern darüber hinaus erklären müssen, aus welchen Gründen in Abkehr
von der Ankündigung die Veranstaltung einen anderen Verlauf mit allein
hochschulpolitischem Charakter genommen haben sollte.
Es bedarf angesichts
der der Vollstreckungsschuldnerin bekannten verwaltungsgerichtlichen
Rechtsprechung keiner näheren Darlegung, dass die Irak-Resolution des
Studentenparlaments vom 14.02.2003 jeglichen hochschulpolitischen Bezug
vermissen ließ. Nicht nur der AStA, sondern auch das Studentenparlament, ein
zentrales Organ der Vollstreckungsschuldnerin (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 BerIHG), hat
das Unterlassungsgebot zu beachten. Zuwiderhandlungen haben daher die
Festsetzung von Ordnungsgeld zur Folge (vgl. z.B. Beschluss der Kammer
vom 23.11.1999 - VG 2 A 135/99, vom 22.11.2001 - VG 2 A 95/01 und vom 22.05.2002
- VG 2 A 257/01). Ob darüber hinaus die Irak-Resolution über den AStA verbreitet
worden ist, was die Vollstreckungsschuldnerin bestreitet, kann darum auf sich
beruhen.
Die
Vollstreckungsschuldnerin hat außerdem dadurch die einstweilige Anordnung vom
16.05.2002 (VG 2 A 21/02, WissR 2003, 77 ff.) nicht beachtet, dass sie danach
die Mitgliedschaft im "freien Zusammenschluss der Studierendenschaften" (fzs)
beantragt und die Mitgliedschaft erlangt hat mit der Absicht, Mitgliedsbeiträge
zu entrichten. Die erfolgte Antragstellung ergibt sich aus dem Protokoll der 4.
ordentlichen Sitzung des 22. Studentenparlaments vom 11.07.2003, wonach der
Antrag auf Beitritt zum fzs "kürzlich" abgeschickt worden sei und
voraussichtlich am Wochenende vom fzs angenommen werde. Entsprechend erfolgte
eine Diskussion, ab welchem Zeitpunkt fzs-Beiträge zu entrichten seien. Die
eidesstattliche Versicherung des Vorstandsmitgliedes und Finanzreferenten der
Vollstreckungsschuldnerin R., ihm sei trotz mehrfacher Aufforderung bislang vom
fzs kein Beschluss des Ausschusses der StudentInnenschaften oder der
Mitgliederversammlung des fzs über die Aufnahme der Studierendenschaft der
Freien Universität in den fzs übersandt worden, und er gehe daher davon aus dass
ein solcher Beschluss nicht existiere, schließt die Annahme einer Mitgliedschaft
nicht aus. Die Vollstreckungsschuldnerin hat jedenfalls nach dem Inhalt dieser
eidesstattlichen Versicherung ihrerseits alles Erforderliche getan, um eine
Mitgliedschaft zu erlangen. Es gelingt ihr deswegen nicht, einen Verstoß gegen
das Unterlassungsgebot allein mit der schlichten Behauptung abzustreiten, dass
ihr nicht bekannt sei, ob der fzs seinerseits die nach seiner Satzung
erforderlichen Schritte vorgenommen habe. Davon abgesehen bestätigt sich eine
Mitgliedschaft, wie auch das Oberverwaltungsgericht Berlin in seinem Beschluss
vom 15.01.2004 (NVwZ-RR 2004, 348 ff.) ausgeführt und der
Vollstreckungsgläubiger im vorliegenden Verfahren erneut nachgewiesen hat,
gerade aus der Tatsache, dass die Vollstreckungsschuldnerin vom fzs unter
www.fzs-online.org/article/25/de noch Ende des Jahres 2003 als Mitglied geführt
wurde. Ohne vorherige Mitgliedschaft wäre auch der vom fzs mit Schreiben vom
10.03.2004 bestätigte Austritt der Vollstreckungsschuldnerin nicht verständlich.
Das Schreiben ist vom Geschäftsführer M. des fzs unterschrieben worden, den die
Vollstreckungsschuldnerin gerade zum Zeugen dafür anbietet, dass keine
Mitgliedschaft bestanden haben soll. Die Vollstreckungsschuldnerin behauptet in
diesem Zusammenhang lediglich, dass der Austritt vorsorglich und ohne
Anerkennung einer Mitgliedschaft erfolgt sei, ohne nähere Anhaltspunkte für
diese Behauptung anbieten zu können. Dass eine Mitgliedschaft im fzs dem Verbot
allgemeinpolitischer Betätigung widerspricht, haben die Kammer in ihrem
Beschluss vom 16.05.2002 (VG 2 A 21/02, WissR 2003, 77 ff.) sowie das
Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 15.01.2004 (NVwZ-RR 2004, 348 ff.) im
übrigen bereits festgestellt.
Weiter hat die
Vollstreckungsschuldnerin gegen das Verbot allgemeinpolitischer Betätigung
verstoßen, indem sie auf Ihrer Homepage einen Link zum Internetauftritt der
"Freien Arbeiterinnen und Arbeiter Union Internationale Arbeiter Assoziation" (FAU-IAA)
gesetzt hat, wo unter www.fau.org im Hinblick auf die Agenda 2010 zu einer
Demonstration am 01.11.2003 "gegen die Unternehmer, ihre Regierung und die
DGB-Bonzen" aufgerufen wurde. Dass auch Studenten von sozialer Not betroffen
sein können, vermag der Veranstaltung noch keinen hochschulpolitischen Charakter
zu vermitteln. Durch die Setzung dieses Links ging die Vollstreckungsschuldnerin
über die ihr zustehende Befugnis, im Rahmen einer Presse und Medienschau
gesellschaftliche oder politische Probleme darzustellen oder anzusprechen,
hinaus. Denn sie hat mit der Verlinkung die Verbreitung des
Demonstrationsaufrufs bewusst gefördert. Um Umgehungen des Verbots
allgemeinpolitischer Betätigung auszuschließen, kann nichts anderes gelten, als
wenn die Vollstreckungsschuldnerin Demonstrationsaufrufe zu allgemeinpolitischen
Themen unmittelbar auf ihrer Homepage darstellen (vgl. hierzu die einstweilige
Anordnung der Kammer vom 16.05.2002 (VG 2 A 21/02, WissR 2003, 77 ff., sowie
Oberverwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 15.01.2004, NVwZ-RR 2004, 348 ff.)
bzw. ihre Druckerzeugnisse für derartige Aufrufe zur Verfügung stellen würde.
Ebenso wenig ändert der Vorbehalt auf der Homepage, dass sich die
Vollstreckungsschuldnerin die Inhalte gelinkter Seiten nicht zu eigen mache,
nichts an der Einordnung als unzulässige allgemeinpolitische Betätigung (vgl.
dazu auch Oberverwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 15.01.2004, NVwZ-RR 2004, 348 ff.),
weil die bewusste Bereitstellung eines Forums für die Verbreitung derartiger
Aufrufe über eine Dokumentation hinausgeht und eindeutig beinhaltet, dass die
Vollstreckungsschuldnerin die Teilnahme an der betroffenen Demonstration
gutheißt und auf diesem Wege die politischen Forderungen Dritter fördern will.
Angesichts der
festgestellten Verstöße brauchte die Kammer nicht zu klären, ob die in der
Vergangenheit auf der Internatseile "auslaenderinnen.de" vorhandenen
Ausführungen zum Zuwanderungsgesetz und zur Rasterfahndung der
Vollstreckungsschuldnerin überhaupt zugerechnet werden können, wie lange die
Äußerungen im Internet betreut wurden bzw. ob diese noch vor der einstweiligen
Anordnung vom 16.05.2002 (VG 2 A 21/02, WissR 2003, 77 ff.) ins Internet
gestellten Äußerungen deswegen als Zuwiderhandlungen gegen das
Unterlassungsgebot angesehen werden könnten, weil sie danach aus dem sog.
Dauermedium Internet nicht entfernt wurden.
Ebenfalls bedarf es
keiner abschließenden Entscheidung, ob die Vollstreckungsschuldnerin mit ihrem
"Alternativen Veranstaltungsverzeichnis" (AVV) für das Wintersemester 2003/2004
die Grenze zwischen hochschulbezogenen politischen Fragestellungen und
allgemeinpolitischen Äußerungen überschritten hat. Dies ist deswegen fraglich,
weil es der Vollstreckungsschuldnerin grundsätzlich nicht verwehrt ist, rein
dokumentarisch darstellend, ohne eigene Stellungnahmen, Meinungen oder Wertungen
hinzuzufügen, Berichte zu allgemeinpolitisch interessierenden Fragen
herauszugeben, Es ist der Vollstreckungsschuldnerin nicht untersagt,
gesellschaftliche oder politische Probleme darzustellen oder anzusprechen, es
ist ihr nur untersagt, eigene politische Äußerungen zu machen oder auch nur
einen solchen Eindruck zu erwecken, solange nicht Belange der Hochschule,
insbesondere der Studierenden, berührt sind (Beschluss der Kammer vom 06.03.2001
- VG 2 A 121/00). Das Konzept des AVV, die Studierenden auf autonom von anderen
Studierenden angebotene, neben dem offiziellen Studienangebot zu nutzende
Veranstaltungen hinzuweisen, indem den Veranstaltern im AVV Raum gegeben wird,
sich vorzustellen, ohne dass die Vollstreckungsschuldnerin eine eigene
Stellungnahme hinzufügt, spricht zunächst für ein rechtlich zulässiges
Verhalten. Die Kammer weist allerdings darauf hin, dass eine unzulässige
allgemeinpolitische Betätigung jedenfalls dann erwogen werden könnte, wenn die
Vollstreckungsschuldnerin offensichtlich einseitig nur autonome Veranstaltungen
einer bestimmten politischen Tendenz aufnehmen würde. Dann bestünde Grund zu der
Annahme, die Vollstreckungsschuldnerin mache sich eine bestimmte Richtung zu
eigen und wolle entsprechenden Einfluss auf die Studierenden ausüben.
Da die
Vollstreckungsschuldnerin damit gegen das vorgenannte Unterlassungsgebot
mehrfach verstoßen hat und dabei nicht hat erkennen lassen, dass sie in Zukunft
derartige Verstöße vermeiden wird, war die Festsetzung eines Ordnungsgeldes
erforderlich. Auf die vom Vollstreckungsgläubiger in seinen der Antragsschrift
nachfolgenden Schriftsätzen gerügten Verstöße gegen das gerichtliche
Unterlassungsgebot kommt es nicht mehr an. Die Kammer musste darum nicht der
Frage nachgehen, ob in einem Ordnungsmittelverfahren die Berücksichtigung
derartiger nachgeschobener Rügen überhaupt möglich ist.
Bei der Höhe des
Ordnungsgeldes hat das Gericht dem Umstand Rechnung getragen, dass sich die
Vollstreckungsschuldnerin durch in vorangegangenen Verfahren festgesetzte
Ordnungsgelder (VG 2 A 75/98, VG 2 A 133/98) nicht hat beeindrucken lassen.
Daher ist nunmehr ein Ordnungsgeld von 15.000,00 Euro festzusetzen, um der
Vollstreckungsschuldnerin eindringlich vor Augen zu führen, dass sie das Verbot
allgemeinpolitischer Betätigung zu beachten hat. Das Gericht weist darauf hin,
dass bei weiteren Zuwiderhandlungen ein noch höheres Ordnungsgeld in Betracht zu
ziehen sein wird.
Gemäß § 890 Abs. 1 ZPO
ist von Amts wegen für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden
kann, ersatzweise Ordnungshaft zu verhängen. Dabei ist das Gericht angesichts
der Höhe des Ordnungsgeldes nunmehr über das sich aus Art. 6 Abs. 2 EGStGB
ergebende Mindestmaß von einem Tag hinausgegangen und hat eine
Ersatzordnungshaft von zwei Tagen festgesetzt. Zwar handelt es sich bei der
Vollstreckungsschuldnerin um eine Teilkörperschaft des öffentlichen Rechts
(vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 BerIHG). Dennoch ist die Festsetzung von Ordnungshaft
zulässig, da der die Studierendenschaft vertretende AStA der Freien Universität
Berlin (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BerlHG) als Gremium über stellvertretende
Vorsitzende verfügt und die Verhängung von Ordnungshaft gegen seine Vorsitzende
bzw. seinen Vorsitzenden seine Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigen kann.
Insofern besteht ein Unterschied zu dem vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim (NVwZ-RR 1995, 619)
entschiedenen Fall.
Die Kostenentscheidung
folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf
§§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG.
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